Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1893 (1893)

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^ Prrv at-V lrn d emn stit ut in Linz. 
Was Privat-Blindeninstitut in Linz ist gleich so vielen 
W anderen Wohlthätigkeits - Anstalten erbaut ans 
der Grundfeste des Gottvertrauens, gestützt und er 
halten durch die Säulen des christlichen Glaubens 
und der uneigennützigen, reinen christl. Barmherzigkeit. 
Auch in Linz machten sich edle, von wahrer 
Gottes- und Nächstenliebe durchglühte Seelen in 
ganz privater Eigenschaft ans Werk, jenen armen, 
verlassenen Kindern, welche bisher infolge Mangel 
des wichtigsten Sinnes von jeglicher Bildung aus 
geschlossen waren und eben deshalb am meisten der 
Bildung bedurften, eine ordentliche Erziehung und 
einen systematischen Unterricht angedeihen zu lassen. 
Es war im Monate 
Februar 1824, als sich der da 
malige Beichtvater der W. E. 
Ursulinen, der Hochwürdige Herr 
Josef E n g e l m a n n entschloss, 
ans seinem Zimmer einige blinde 
Kinder in der Religion, im 
Lesen, Schreiben, Rechnen, in 
der Erd-, Zeit- und Naturkunde 
zu unterweisen, um sie zu reli 
giös-sittlichen Menschen und 
brauchbaren Mitgliedern der 
Gesellschaft heranzubilden. Bei 
diesem hnnianen Streben war 
ihm thatkräftig zur Seite ge 
standen die würdige Mater Cres- 
centia geb. Gräfin von Seeau, 
Vorsteherin des Klosters der 
Ursulinen, indem sie den armen 
Blinden Unterricht in Hand 
arbeiten ertheilte. 
Dieses erste Unternehmen 
war nur ein Versuch, gelang 
aber vortrefflich. — Gar bald 
stellte sich das Bedürfnis eines 
eigenen Jnstitutsgebäudes her 
aus, indem immer mehr blinde 
Kinder Unterricht suchten; 
allein der Wunsch nach dem Besitz eines eigenen 
Hauses ließ noch geraume Zeit auf seine Ausführung 
warten. 
Nicht bloß Engelmann, welcher bis zu seinem 
Scheiden von Linz im Jahre 1829 rastlos für seine 
armen Schützlinge thätig war, sondern auch seine 
Nachfolger in der Leitung des Blindeninstitutes, der 
Hochw. Herr Strafhausseelsorger Sigismund Bartsch 
(1829—1835) und der Hochw. Herr Domprediger 
Peter Westermayr (1835—1852) wanderten mit 
ihren blinden Zöglingen von einem Orte zum andern, 
meistens in der Miete, umher, bis es endlich dem 
letzteren im Jahre 1846 gelang, mit Hilfe guter 
Menschen jenen an der früheren Friedhofstraße ge 
legenen Bau zu erwerben, welchen der Weltpriester 
Peter Leibetseder als ein Haus für Mitglieder der 
ewigen Anbetung aufführen wollte, aber wegen Mangel 
an Fonds nicht vollenden konnte. 
Indem dieses Gebäude nach seiner ursprüng 
lichen Anlage und Eintheilung seiner neuen Be 
stimmung keineswegs entsprach, so musste mit dem 
Ausbau zugleich auch ein Umbau vorgenommen werden, 
wodurch alle durch Privatwohlthätigkeit zur Verfügung 
gestandenen Geldmittel gänzlich erschöpft wurden. Doch 
Westermayr verlor den Muth nicht. Um den Fort 
bestand der Anstalt zu sichern, setzte er alle Hebel in 
Bewegung. 
Westermayr hatte auch das Zeug, die verschie 
denen Behörden und Aemter, die hohen und höchsten 
Herrschaften, das gesammte Publicum für die In 
teressen des Institutes zu gewinnen. Mit einer 
glühenden Begeisterung für seinen Beruf verband er 
eine unermüdliche Thatkraft und einen seltenen prak 
tischen Scharfsinn. Er scheute keine Mühe, keine 
Reise, keine Gefahr, ihn entmuthigte keine abschlägige 
Antwort, wenn es galt, die 
Herzen und Gemüther zugunsten 
seiner armen Blinden zu stim 
men. Ohne für seine Person 
einen Kreuzer Gehalt vom In 
stitute zu beziehen, brachte er 
durch Bitten und Betteln Tau 
sende von Gulden für Jnstituts- 
zwecke auf. 
Das Institut nahm einen 
raschen Aufschwung. Da kam 
das Jahr 1848 und damit aufs 
neue eine Zeit der Prüfung 
über das Institut. Die milden 
Beiträge, von denen die An 
stalt ihr Leben fristete, ließen 
immer mehr nach, und so be 
deutend war der Ausfall, dass 
man im Jahre 1851 wiederum 
an dem Punkte angelangt war, 
wo man die Möglichkeit der 
ferneren Existenz des Institutes 
bezweifeln musste. 
In dieser Verlegenheit 
wendete sich der besorgte In 
stitutsleiter an die ober- 
österr. Landstände um Ge 
währung einer Subvention 
aus Landesmitteln für ein Unternehmen, welches 
in erster Linie den Landesinteressen dient. Und 
nicht vergeblich. Von dieser Zeit an genießt die Anstalt 
eine jährliche Unterstützung von 2100 fl. ö. W. aus 
Landesmitteln. 
Im Jahre 1852 schied Westermayr von Linz und 
vom Blindeninstitute, wo er durch neunzehn Jahre 
(zwei Jahre als Adjunct des Herrn Direetors Bartsch 
und 17 Jahre als Director) mit so viel Thatkraft 
und so großem Erfolge gewirkt hat, übersiedelte als 
Pfarrer nach Gunskirchen, wo er im Jahre 1877 
hochbetagt starb. — 
Nach Westermayrs Abgang wurde der Hochw. 
Herr Johann Reisinger, vordem Coöperator in 
Urfahr, zum Director des Blindeninstitutes ernannt, 
ein Mann von edlem Charakter, der mit vorzüglichem 
Geschicke dieses Amt bis zu seinem frühzeitigen Tode 
ini Jahre 1857 versah. 
Unter ihm vollzog sich ein sehr bedeutsamer 
Fortschritt in der Entwicklung der Anstalt. Es wurden 
Gonsistorialrath Anton Hclletsgrulier.
	        
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