Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1892 (1892)

(81) 
"^c^S)5ö. 
11 
Von Travnik ist man in einigen Stunden in 
Janice, einer Eisenbahnstation, von wo man dann 
schnell nach Sarajevo gelangt. Die Eisenbahn wurde 
erst von den Oesterreichern angelegt, die auch die herr 
lichen Straßen, die nun die Hauptorte miteinander 
verbinden, geschaffen haben; im Frühjahre 1891 wurde 
auch die schwierige Bahnstrecke über den Trencin-Pass 
bis zu dem höchst malerisch gelegenen Konjicza voll 
endet. Da von letzterem Orte bereits seit mehreren 
Jahren die Eisenbahn nach Mostar befahren wurde, 
so ist nun die directe Verbindung zwischen Ungarisch- 
Brod über Sarajevo nach Mostar und von da nach 
Mekovits an die Küste des adriatischen Meeres 
hergestellt. 
Mostar ist die Hauptstadt der Herzegowina, 
welches Land bei weitem nicht so fruchtbar als Bosnien 
ist, die Berge sind größtentheils entwaldet und da die 
Sonne den kalkigen Felsen durchglüht und dieser die 
Wärme wiedergibt, so herrscht in Herzegowina und 
in Mostar, welches, wie das Bild auf S. 79 zeigt, am 
Fuße des massigen Gebirgszuges Podveles liegt, oft eine 
unerträgliche Hitze, welche viele Krankheiten, darunter 
die sogenannte Hundskrankheit, eine Art Typhus, ver 
ursacht. Die vertrockneten Narentasümpfe erzeugen viele 
Millionen sehr stechende Mücken, Papadatschi genannt, 
welche für die Einwohner Mostars eine große Plage 
sind. Die Stadt zählt über 11.000 Einwohner; der 
Theil am linken Ufer ist der bevölkertste, an dem 
Bergabhange ist die weithin (auch auf dem Bilde) 
sichtbare Kirche der Schismatiker, am rechten Ufer der 
Narenta ist schon mehr südliche Vegetation und be 
findet sich hier die katholische Kirche mit einem an 
stoßenden neugebauten Franciscanerkloster. Weil die 
Bora in Mostar oft schrecklich haust, sind die dreißig 
Minarets der Moscheen nicht so schlank, wie jene in 
den Städten Bosniens, sondern massiv aus Stein. 
Berühmt ist noch die alte Römerbrücke über die 
Narenta, welches Flüsschen in einem zerklüfteten Felsen 
bette einhersaust. 
Die Türkei ließ in den vier Jahrhunderten ihrer 
Regierung die beiden Länder in jeder Hinsicht ver 
wahrlosen. Unter der österreichischen Regierung heben 
sich dieselben zusehends; an allen größeren Orten er 
heben sich stattliche Gebäude zur Unterbringung der 
Behörden, Schulen und anderen Anstalten; namentlich 
sind in Sarajevo ganze Stadttheile mit modernen 
großen Gebäuden entstanden. Die sehr herabgekommene 
Rechtspflege wurde neu organisiert, eine Grundbuchs 
ordnung eingeführt und die Gensdarmerie im ganzen 
Lande, namentlich aber an der Grenze eingeführt. Es 
herrscht deshalb eine große Sicherheit im Lande, wie 
sie seit Jahrhunderten nicht mehr war. Viel bleibt 
noch für die Pflege des Bodens; denn Ackerbau und 
Viehzucht sind noch auf niederer Stufe, doch ist auch 
hier eine bedeutende Besserung bemerkbar und die 
Trappisten in Maria Stern bei Banjaluka haben 
schon durch das Beispiel ihrer Bodencultur viel zur 
Hebung derselben beigetragen. Von einer Pflege des 
Waldes war schon gar keine Rede, ja in der Nähe 
größerer Ortschaften oder der Straßen wurden die 
Wälder einfach abheholzt oder, um den Räubern keinen 
Schlupfwinkel zu bieten, niedergebrannt, ohne für 
Aufforstung zu sorgen. Die Wälder allein sind Staats 
eigenthum und wenn Einwanderer eine Colonie gründen 
wollen, wie dies z. B. bei Konjicza und Windthorst, 
wo schon mehr als tausend Deutsche ansässig sind, der 
Fall war, müssen sie ein Stück unwirtbaren Wald 
grundes kaufen und mit unsäglicher Mühe cultipieren, 
denn das übrige Land ist Eigenthum der faulen 
Türken, welche die Herren sind und den Boden durch 
die Christen (Kmeten), die ihnen einen bestimmten 
Theil des Erträgnisses abliefern mussten, bebauen 
ließen. Die Bergwerke, wie Tuzla (Salz), Janice 
(Kohlen), werden neu geöffnet und ertragfähig gemacht. 
In der Herzegowina wird besonders Tabak ge 
baut und gedeihen die Pflaumen, die ein guter Aus 
fuhrartikel sind. Bosnien und Herzegowina sind ein 
Hügel- und Gebirgsland, daher reich an schönen Land 
schaften und prächtigen Gebirgsscenerien. 
Es wird nicht lange dauern, wo auch von 
Banjaluka oder auch von Travnik her die Eisenbahn 
verbindung mit der bedeutendsten Stadt Dalmatiens, 
nämlich mit Spalato, hergestellt sein wird. Spalato 
hat bereits 20.000 Einwohner und wird noch größer 
werden, wenn die Verbindung mit dem Hinterlande 
Bosniens die Stadt zum Sammelpunkt der Ein- und 
Ausfuhr zu Meer und zu Lande machen wird. In 
Spalato hielt sich einst Kaiser Diocletian, der grau 
same Christenverfolger, auf. Fast die halbe Stadt ist 
in seinem ungeheuren Palaste enthalten und des 
Tyrannen Hauskapelle, wo er dem heidnischen Gotte 
Jupiter die Opfer darbrachte, ist nun die Domkirche. 
Auf dem Bilde Seite 80 ist dieses hohe Achteck, 
die jetzige Kathedrale des Bischofes, deutlich zu ersehen. 
Freilich fasst sie nur etwa 150 Personen und ist wohl 
nicht ihrem jetzigen Zwecke entsprechend, allein der 
Umstand, dass nun diese Kirche dem wahren Gotte 
geweiht ist, wo früher Abgötterei getrieben wurde und 
wo man das Christenthum durch Blut und Grausamkeit 
zu unterdrücken meinte, macht dieselbe höchst ehrwürdig 
und interessant. In dieser ist auch das prächtige Grab 
des heiligen Bischofes Doimos von Salona. Salona 
war ein bedeutender uralter Ort in der Nähe Spalatos, 
der aber im Laufe der Zeit von den gegen die Römer 
hereinbrechenden Völkerschaften zerstört ward. Bischof 
Doimos erlitt unter Diocletian den Martyrertod. 
Neben der Kathedrale ist der herrliche Glockenthurm, 
der eben in der Restauration begriffen ist. Von 
Salona bei Spalato aus beherrschten einst die Römer 
Bosnien; nun sind Bosnien uno Dalmatien wieder 
unter einem Regenten, hoffentlich — für immer. 
A. P. C.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.