Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1891 (1891)

anlässlich Höchstihrer Vermählung das Gelöbnis der un 
erschütterlichen Anhänglichkeit an das Allerhöchste Kaiserhaus 
.zu erneuern, und heute steigen aus den Herzen von nahezu 
achtmalhunderttausend treuer oberösterreichischer Katholiken 
und von Hunderten von katholischen Opferaltüren die innigsten 
Gebete für das Wohl Höchstihrer k. und k. Hoheiten und 
das ganze erhabene Kaiserhaus zum Himmel empor. Geruhen 
Eure k. und k. Hoheiten, unsere Gebete und unseren er 
neuten Schwur der unerschütterlichen Anhänglichkeit an die 
erhabene Dynastie, der Höchstdieselben angehören, vom 
katholischen Volke und vom katholischen Clerus Oberösterreichs 
gnädigst anzunehmen als geistiges Hochzeitsgeschenk zu Höchst- 
ihrem Ehrentage. 
So möge denn der allmächtige Gott, der König der 
-Könige und der Vater der Erbarmungen, diesen heiligen 
Bund segnen. Möge der heilige Ehestand durch die Kraft 
dieses göttlichen Segens Höchstihnen in den mannigfachen 
Wechselfällen der irdischen Pilgerfahrt allen Trost spenden, 
den Gott guten Katholiken durch die Ehe gewähren will, 
und Höchstdenselben der Weg sein zum ewigen Glück Ihrer 
unsterblichen Seelen. Möge ferner dieser heilige Bund den 
Allerhöchsten Majestäten und dem ganzen glorreichen Kaiser 
hause zur Freude und unserem geliebten Vaterlande zum 
Heile sein! Möge er aber auch stets unserer heiligen Mutter, 
der katholischen Kirche, sowie dem erhabenen Oberhaupte 
derselben, dem Heiligen Vater in Rom, zum Troste ge 
reichen. Amen! 
Nach Schluss der Ansprache nahm der hoch 
würdigste Bischof die Trauung vor. Bräutigam und 
Braut sprachen das bindende „Ja" mit lauter Stimme, 
dass es in der ganzen Kirche vernommen wurde. 
Am Schlüsse ertheilte der hochwürdigste Bischof 
den Segen. 
* 
* -l- 
Nach vollzogener Trauungs-Cere- 
ttiDiiie umarmten und küssten Ihre Majestäten 
der K ais e r und die K a i s e ri n, sichtlich tiefbewegt, 
sowie Erzherzog Karl Salvator und Erzherzogin 
Maria Immaculata (die Eltern des Bräutigams) die 
hohen Neuvermählten wiederholt und in zärtlichster 
Weise. Es war ein ergreifender Moment, der die 
meisten Anwesenden zu Thränen rührte. Der kaiser 
liche Trauungszug setzte sich sodann wieder in Be 
wegung zum Verlassen der Kirche. 
Während die Herrschaften die Kirche verließen, 
ertönten wieder Orgelklänge; als die Herrschaften bei 
dem Eingänge der Kirche sichtbar wurden, ertönten 
brausende Hochrufe. Die höchsten Herrschaften bestiegen 
die bereitstehenden Wagen und fuhren unter fort 
währenden, ebenso begeisterten als herzlichen Zurufen 
der Menschenmenge zum Cursalon. Vor den Tribünen, 
Fenstern, Balkons, die überall bis auf das letzte 
Plätzchen besetzt waren, wurden Hüte und Tücher ge 
schwenkt und unablässig „Hoch" gerufen. 
Aus dem Eintrittssaale des Curhauses begaben 
sich die dort Angekommenen zunächst in den großen 
Saal, 'wo die Gratulation stattfand, und von dort 
in den Speisesaal. 
Abfahrt -er Neuvermählten von Ischl. 
Nach Beendigung der Tafel wurde in dem an 
den Speisesaal angrenzenden Salon Besprechung ab 
gehalten. Ihre Majestäten fuhren sodann in die kaiser 
liche Villa zurück; in einem zweiten Wagen folgten die 
hohen Neuvermählten. Die Majestäten, sowie das junge 
Ehepaar wurden den ganzen Weg entlang von der 
dichtgedrängten Menschenmenge, die trotz der glühenden 
Mittagshitze sich seit dem frühesten Morgen nicht vom 
Platze bewegt hatte, stürmisch begrüßt. Nach einer 
kurzen Pause folgten die übrigen höchsten Herrschaften, 
die theils in ihre Absteige-Quartiere, theils direct auf 
den Bahnhof fuhren. Um halb 1 Uhr gieng ein Hof- 
Separatzug nach Gmunden und Traunkirchen mit den 
vormittags von dort angekommenen Herrschaften ab. 
Um halb 2 Uhr gieng ein weiterer Hof-Separatzug 
nach Wien ab, der von einer Reihe von Mitgliedern 
des kaiserlichen Hauses, deren Begleitung und Diener 
schaft, sowie von einem Theile der zur Vermählung 
Geladenen benützt wurde 
Inzwischen war die Menschenmenge, welche die 
Ausgänge aus der Kaiservilla besetzt hielt, von Mi 
nute zu Minute gewachsen. Alles drängte sich jetzt 
hieher. Um 2 Uhr fuhr ein offener, ganz mit Alpen 
blumen bekränzter Hofwagen, dessen Pferde auch mit 
Alpenblumen geschmückt waren, durch die aus dem 
Kaiserschlosse führende Allee auf die Straße her 
aus. Es war der Wagen, der die hohen Neuvermählten 
an ihren vorläufigen Bestimmungsort, das kaiserliche 
Jagdschloss am Offensee, zu bringen hatte. Die Frau 
Erzherzogin Marie Valerie trug ein einfaches Reise 
kleid und rothgeputzten Hut, der Herr Erzherzog Franz 
Salvator Civilkleidung. Das jugendliche Paar wurde 
von stürmischen Hochrufen empfangen, die sich brausend 
fortsetzten, solange der Wagen in Sicht war. Alles 
war sichtlich bemüht, den Neuvermählten noch in der 
letzten Abschieds-Minute Beweise der allgemeinen ehr 
erbietigen Liebe und der aufrichtigsten Sympathien 
der ganzen Bevölkerung zu geben. 
Die Festlichkeiten des Tages fanden mit einer 
im Jschler Theater gegebenen Festvorstellung ihren 
Abschluss. 
Ueber die Veranlassung, warum die Neuvermählten 
zu Wagen nach Offensee fuhren, statt, wie früher be 
stimmt war, von Ischl nach- Steinkogl mit der Bahn 
zu fahren und erst von dort den Wagen zu benützen, 
wird Folgendes erzählt: Der bisherige Leibkutscher 
der Erzherzogin Marie Valerie, namens Hawerka, 
ließ sich durch den General-Adjutanten Graf Paar 
vom Kaiser die Gnade erbitten, die Erzherzogin an 
ihrem Hochzeitstage fahren zu dürfen. Dem Wunsche 
des alten Dieners wurde willfahrt und es wurde die 
schon gemachte Bestimmung, mit der Bahn zu fahren, 
geändert. 
Auch ein Zug der Herzensgüte gegen einen alten 
Diener und ein Beweis, wie diesem die Ehre der 
letzten Fahrt am Herzen lag! 
* 
Den besten Schluss des Berichtes über die 
Hochzeitsfeier bildet das folgende kaiserliche Schreiben: 
„Lieber Graf Taaffe! Mit tiefbewegtem Herzen 
habe Ich bei dem freudigen Anlasse der Vermählung 
Meiner geliebten Tochter, der Erzherzogin Marie 
Valerie, in Glückwünschen und Huldigungen aus allen
	        
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