Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1891 (1891)

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denen man nur den Schimmer einer Aussicht zu 
haben vermeinte, drängte sich das Publicum. 
Allerliebst war der Anblick der in Jschler Trachten 
erschienenen Schuljugend, welche vor dem „Hotel 
Elisabeth" Aufstellung nahm. Ihre k. Hoheit die 
Frau Erzherzogin Maria Theresia, Gemahlin des 
Herrn Erzherzogs Karl Ludwig, betrachtete von einem 
Fenster des „Hotel Elisabeth" aus das reizende Bild. 
Eröffnet wurde der Zug der Blumenkörbchen tragenden 
Mädchen von einer dreijährigen kleinen Jschlerin. 
In der kaiserlichen Villa. 
Während die Auffahrt zur Kirche erfolgte, ver 
sammelten sich in dem kaiserlichen Schlosse jene Mit 
glieder des Hofes, welche an dem Hochzeitszuge theil- 
nehmen sollten, nämlich: Ihre Majestäten; dann das 
durchlauchtigste Brautpaar; Erzherzog Karl Salvator 
und Erzherzogin Maria Immaculata, die Eltern des 
Bräutigams; Erzherzog Franz Ferdinand von Oester 
reich-Este, Erzherzog Ferdinand, Erzherzog Albrecht 
Salvator, Prinz Georg von Bayern; Erzherzogin' 
Elisabeth Marie, Erzherzogin Karolina, Erzherzogin 
Maria Immaculata Raineria, Prinzessin Elisabeth 
von Bayern, Prinzessin Augusta von Bayern, Herzogin 
Amelie in Bayern; ferner Obersthofmeister Freiherr 
von Nopcsa, die dienstthuende Hofdame Ihrer Majestät 
der Kaiserin, General-Adjutant FML. Graf Paar, 
Kammervorsteherin Gräfin Kornis, Oberlieutenant 
Freiherr v. Lederer und Hofdame Gräfin Coudenhove 
— während der erste Obersthofmeister Prinz Hohen 
lohe und der Ober-Ceremonienmeister FML. Graf 
Hunyady den allerhöchsten Hof vor der Pfarrkirche 
erwarteten. 
Von den Eltern gesegnet, verließ das Brautpaar 
die Wohnungsräume und die hohen Herrschaften fuhren 
zur Kirche. 
Die Fahrt ;ur Kirche. 
Kurz vor acht Uhr wurden die Eingänge in die 
Pfarrkirche geöffnet und wenige Minuten später war 
die Kirche mit Ausnahme der für die allerhöchsten 
und höchsten Herrschaften und deren Begleitung, so 
wie für die geladenen Gäste reservierten Plätze in 
allen Räumen gefüllt. Es durften 900 Personen die 
Kirche betreten. Im ganzen Mittelgange der Kirche 
bildeten weißgekleidete Mädchen — und Mädchen in 
der kleidsamen Jschler Tracht in der Weise Spalier, 
dass immer ein weißgekleidetes Mädchen neben einem 
Mädchen im Jschler Costüm stand. Alle Mädchen 
trugen Blumen in den Haaren und Blnmenkörbchen 
in der Hand. 
Kurz vor 9»Uhr begannen die geladenen Gäste, 
darunter der Minister des kaiserlichen Hauses und des 
Aeußern Graf Kalnoky, die Minister-Präsidenten beider 
Reichshälften, die Grafen Taaffe und Szapary und 
die Hofwürdenträger in der Kirche zu erscheinen und 
die für sie bestimmten Plätze einzunehmen. 
Bald darauf kamen die Mitglieder des Aller 
höchsten Kaiserhauses, welche nicht im Hochzeitszuge 
sich befanden. 
Zuerst, um 1 / 2 10 Uhr, fuhr Ihre kais. Hoheit die 
Frau Kronprinzessin-Witwe Erzherzogin Stephanie 
unter sympathischen Zurufen längs des ganzen Spaliers 
zur Kirche. 
Gegen 3 / 4 10 Uhr wurde die Fahrt in zehn 
prächtigen Hofwügen von dem kaiserlichen Schlosse aus 
zur Pfarrkirche angetreten. Zuerst die kaiserlichen 
Prinzen und Prinzessinnen, welche oben genannt sind; 
dann folgten im sechsten Wagen Se. Majestät der 
Kaiser und der Bräutigam Erzherzog Franz Sal 
vator, im siebenten Wagen Ihre Majestät die K a i s e r i n 
und die Braut Erzherzogin Marie Valerie; in den 
drei letzten Wägen folgte die Begleitung. Alle übrigen 
Prinzen und Prinzessinnen waren schon früher zur 
Kirche gekommen. 
Der Brautzug. 
Die im Brautzuge fahrenden höchsten Herrschaften 
erwarteten an der Kirche beim Portale Ihre M a- 
j e st ä t e n. 
Nachdem Ihre Majestät die Kaiserin bei der 
Kirche vorgefahren war, näherte sich die hohe Frau 
der unmittelbar zuvor dem Wagen entstiegenen Braut 
und richtete ihr vor dem Kirchenthore angesichts eines 
tausendköpfigen Publicnms den Faltenwurf des Kleides 
zurecht. Das war echt mütterlich und erregte die 
Freude, ja Rührung der Volksmenge. 
Se. Majestät der Kaiser trug die Obersten- 
Uniform Allerhöchstseines Infanterie-Regimentes, Ihre 
Majestät die Kaiserin eine hellsilbergraue Robe, hell 
grauen Hut und Fächer. Die durchlauchtigste Braut 
war ein Bild der Anmuth. Ihr Brautkleid, aus 
weißem Stoffe gefertiget, war mit kostbaren Spitzen 
verschleiert, Myrten und Orangenblüten-Gdirlanden 
zierten die Spitzen. Die zwei Meter lange Schleppe 
war ganz von Spitzenschleiern überwallt, mit Myrten 
und Orangenblüten verziert. Auf dem Kopfe trug die 
hohe Braut ein breites Myrten-Diadem. Die durch 
lauchtigste Frau Erzherzogin war eine in Anmuth 
und Glück strahlende Braut. Der hohe Bräutigam 
trug die Rittmeister-Uniform des 7. Dragoner-Re 
giments, die Kranzeljungfern trugen Rosa- und blaue 
Kleidung. 
Kaiser und Kaiserin, sowie die Eltern des 
Bräutigams begaben sich unter Glockengeläute und 
den Klängen der Orgel, gespielt von dem welt 
berühmten Hoforganisten Anton Bruckner, einem ge- 
bornen Oberösterreicher, zu den auf der Evangelium- 
seite hergerichteten Plätzen. Das Brautpaar stellte sich 
zu der vor der Mitte des Hochaltares aufgestellten 
Kniebank. Die Brautführer und die Kranzeljungfern 
nahmen im Halbkreise Aufstellung hinter dem Braut 
paare. 
Die Trauung. 
Am Hochaltare erwartete der hochwst. Herr Bischof 
von Linz, Dr. Doppelbauer, unter Assistenz des Burg 
pfarrers Prälat Dr. Mayer, des Titular-Hofkaplans 
Cecconi, sowie des Pfarrers von Ischl Canonicus 
Weinmayr den kaiserlichen Brautzug. 
Der hochwürdigste Herr Bischof nahm die Weihe 
der Ringe am Altare vor, während das Brautpaar 
kniend ein Gebet verrichtete. Die beiden Vermählungs-
	        
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