Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1891 (1891)

Die Dermählungsfeier 
unserer KniserstochLer. 
stillen Markte an Werken der Kunst voraus 
ersetzt hier reichlich die Großartigkeit der Natur, welche 
diesen Landstrich zu einem der schönsten im weiten 
Reich der Habsburger gemacht. Und in diesem schönen 
Landestheile wohnt ein Volk, so treu und bieder, voll 
Anhänglichkeit und Liebe zu dem Kaiser, dass sich 
dieser hier wie ein Vater inmitten seiner Kinder fühlt. 
Was Wunder nun, dass die Kaiserfamilie so gern in 
Ischl weilt und sich diesen Ort so oft zur Feier schöner 
Familienfeste erkor. 
Auch das Jahr 1890 sollte diesem Orte hohe 
Auszeichnung und Ehre bringen. Schon im Herbst des 
Vorjahres verlautete, dass Ischl zur Vermählungs 
feier der Kaiserstochter ausersehen sei. Diesem Gerüchte 
musste vollster Glaube geschenkt werden, als im ver 
flossenen Mai der Obersthofmeister Sr. Majestät, Prinz 
zu Hohenlohe, mit dem Hofsecretär Heinrich Ritter von 
Loebenstein eintraf, um die ersten Vorbereitungen zur 
Hochzeitsfeier einzuleiten. Diese erstreckten sich auf die 
Allerhöchste Villa, die Kirche, verschiedene Hotels zur 
Bequartierung der Gäste, den Cursalon u. s. w. Wie 
ein Lauffeuer verbreitete sich die freudige Kunde von 
dieser neuen Auszeichnung Ischls durch den Aller 
höchsten Hof und diese Kunde fand Wiederhall in allen 
Blättern des Reiches, ganz besonders aber war er 
freudig in der Presse von Oberösterreich. Die hohe 
Ehre und Auszeichnung, welche Oberösterreich durch 
die Allerhöchste Entschließung Sr. Majestät zutheil 
geworden ist, darf aber mit dem Jubel des Festtages 
nicht in das Grab der Vergessenheit sinken, sondern 
soll in der Geschichte Oberösterreichs fortleben für 
immerwährende Zeiten. 
Auch in diesem Kalender, dessen Inhalt sich fast 
ausschließlich mit dem engeren Vaterlande „Ober 
österreich" beschäftigt, darf eine Besprechung dieses 
Ehrentages nicht fehlen. 
eit nahezu einem halben Jahrhundert erfreut sich der anmuthige 
Curort Ischl der hohen Ehre und Auszeichnung, dass mit dieser 
Perle des Salzkammergutes die vertrautesten Familienereignisse 
unseres Kaiserhauses innigst verknüpft sind. Wohl findest du 
hier nicht die Prunkgebäude einer Kaiserstadt, nicht den Luxus 
und Glanz, in welchem die altehrwürdige Hofburg erstrahlt, du 
begegnest nicht den hohen Würdenträgern des Staates, nicht 
militärischen Ehrenwachen, und dennoch besitzt Ischl soviel Reiz 
und Anmuth, dass es selbst eine Kaiserfamilie vollauf zu be 
friedigen vermag. Denn was die stolze Kaiserstadt vor dem 
hat, das 
Das hohe Vrautpaar. 
Das Bild auf der nächsten' Seite zeigt uns 
das erlauchte Brautpaar, Ihre k. und k. Hoheit 
die durchlauchtigste Frau Erzherzogin Marie 
Valerie und Se. k. und k. Hoheit den durch 
lauchtigsten Herrn Erzherzog Franz Salvator von 
Toscana, st Was wir über den Herrn Erzherzog wissen, 
ist wohl nur wenig; aber selbst das Wenige genügt, 
um ihm die Herzen Aller zu gewinnen. Erzherzog 
Franz Salvator, ein Sprosse der toscanischen 
Linie, hat eine überaus sorgfältige Erziehung genossen 
und, kaum den Knabenjahreu entwachsen, gleich den 
meisten Mitgliedern des Kaiserhauses, sich die mili 
tärische Laufbahn erwählt. Er steht jetzt im blühenden 
Alter von 24 Jahren, hat als tüchtiger Cavallerie- 
Officier schon die ersten militärischen Grade zurück 
gelegt und bekleidet seit November vorigen Jahres die 
Charge eines Rittmeisters. Durch seinen trefflichen 
Charakter und herzgewinnende Offenheit seines Wesens 
hat er sich das Herz der Prinzessin erworben, die 
nunmehr seine Gemahlin ist. Bekannter ist das Leben 
der Frau Erzherzogin Marie Valerie, durch die 
Aufzeichnungen, welche ihre Lehrer hinterlassen haben 
und die manchen Blick in ein edles, reich entwickeltes 
Gemüths- und Geistesleben gestatten. 
Erzherzogin Marie Valerie wurde am 22.April 
1868 in der Königsburg zu Ofen geboren — das 
erste Habsburger Königskind, welches in Ungarn das 
Licht der Welt erblickt hat. Die Kindheit der Prinzessin, 
die bis zum sechsten Jahre unter der Obhut einer eng 
lischen Dame, Miß Throckmorton, stand, verfloss in 
tiefster Zurückgezogenheit und Ruhe, so dass sie nur 
0 Die Braut ist Urenkelin des Kaisers Franz I. von 
Oesterreich (f 1835); derBräutigam ist Urenkel von Ferdinand, 
Großherzog von Toscana (f 1825). Franz und Ferdinand aber 
waren Brüder; sie sind, wie unser Erzherzog Johann (Johann 
Orth), Söhne des Kaisers Leopold II. ldes Bruders von Kaiser 
Josef II.); mithin Enkel der Kaiserin Maria Theresia.
	        
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