Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1887 (1887)

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Zeit gewonnen, sich über die Brücke von Ebelsberg 
ans das rechte Trannnfer zurückzuziehen. Auch General 
Hitler sah bald ein, dass er sich in den nur halb voll 
endeten Schanzen um Linz nicht halten könne, und 
zog daher mit drei Armeeeorps (etwa 32.000 Mann) 
um 3 Uhr früh hinweg über die Tränn nach Ebels 
berg. Der Uebergaug über die Traun dauerte lange 
und da bereits um 10 Uhr die ersten Franzosen in 
Linz einrückten, waren noch viele Oesterreicher am 
liickeu Ufer der Tränn und wehrten sich mit der größten 
Tapferkeit gegen die sie verfolgenden Franzosen, um 
eine große Menge von Geschütz und Packwägen, die 
noch in Kleinmünchen standen, zu retten. Da im 
weiteren Verlaufe des Vormittags das Gedränge unter 
Masseua von Linz aus, unter Bessieres von Neubau 
her immer größer wurde, und fliehende Gradiscauer, 
Uhlanen und Hnßaren selbst Unordnung in die Reihen 
der tapferen Soldaten brachten, wurden viele Oester 
reicher von den Franzosen gefangen oder schwammen 
über die Traun, wieder andere giengen über die sehr 
lange Brücke, au deren Patrontaschen sich viele fran 
zösische Jäger vom Po und von Cvrsiea hiengen, um 
zugleich über die Brücke zu gelangen. Sie wurden 
jedoch mit Gewehrkolben und Bajonnetten zurückgedrängt, 
Ebelsberg. 
so dass eine Lücke entstand. Nun feuerten die Oester 
reicher mit Kanonen vom Schlossberge auf die Brücke, 
so dass sie zu Oefterem ganz geräumt wurde, wobei 
Todte, Verwundete und auch Gesunde in die Traun 
stürzten. 
In den Reihen der Oesterreicher, die an diesem 
Tage Wunder der Tapferkeit vollbrachten, treffen wir 
'auch die Reiter'schen Brüder, die Goldsucher. Sie 
hatten bei verschiedenen Heeresabtheilungen, und zwar 
Michl, der Aelteste, bei den Hnßaren manche Schlachten 
bestanden, und manche Wunden bedeckten ihre ge 
bräunten Gesichter. 
Beim Uebergange über die Traun harrte Michl, mit 
mehreren Kameraden in der Verwirrung des letzten 
Schlachtgetümmels vom Regimente abgekommen, auf 
seinem Streitroße lange einer Gelegenheit hinüberzu 
kommen, aber immer kamen ihm andere zuvor, zudem war 
er wenig entschlossen, indem er sah, wie bei überfüllter 
Brücke so manche bald rechts, bald links in den Fluß 
gedrängt wurden, lind als er es endlich ernstlich ver 
suchen wollte, war eg zu spät geworden, da die Brücke 
bereits mit Franzosen bedeckt war. So sprengte er, 
um der Gefangenschaft zu entgehen, abwärts des 
Flusses, um an geeigneter Stelle über den Fluß zu 
setzen. Ein über die Brücke gedrängter Franzose, nahe 
daran zu ertrinken, schwang sich hinter ihm auf's Roß, 
während andere den Schweif des Pferdes erfaßten und 
sich dadurch glücklich an's Ufer retteten. Kaum war 
es geschehen, als der Reiter von der anderen Seite 
den Ruf vernahm: „Michl, hilf! sonst gibt es für 
mich nur Tod oder schmähliche Gefangenschaft." Der 
Unglückliche kennt mich, dachte er, und schnell zur 
Hilfe entschlossen, sprengte er durch die Traunfluthen 
zurück an's linke Ufer. Kaum angelangt, siel ihm ein 
Soldat mit Blut und Staub bedecktem Angesichte um 
den Hals mit den Worten: „Michl, mein Bruder!
	        
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