Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1887 (1887)

sandte Dechant Johann Michael Wessicken eine 
Schrift, in welcher in 14 Punkten das enthalten war, 
„was Se. Excellenz der Hochwürdigste Bischof über 
die abgehaltene bischöfliche Visitation zu bedeuten auf 
getragen hat." Punkt 13 lautete: „Der schon vor- 
lüngst hinausgegebene Befehl wegen Auf 
stellung eines anderen Bild es auf dem Hoch 
altar ist ehestens zu befolgen, und der neue 
Entwurf an das Consistorium einzuschicken." 
Es waren mittlerweile die Verhandlungen wegen Her 
stellung des verlangten Bildes mit Maler Taver 
Gürtler begonnen und so weit geführt worden, dass 
derselbe ein Bild matte, 
welches Christus am Kreuze 
darstellte, mit Maria, 
Johannes und Magdalena 
unter demselben. Bei der 
nächsten Gelegenheit sollte 
es aufgestellt werden. 
Es läßt. sich denken, 
dass die Nachrichten über 
das, was kommen sollte, 
keine geringe Aufregung 
unter dem Volke verursacht 
haben mag, um so mehr, 
da auch sonst alles mögliche 
geschah, um eine tiefgehende 
Bewegung hervorzurufen. 
Pfarrer P. Cajetan hatte 
sich bestimmen lasten, am 
Wallfahrtsorte gegen 
das Wallfahren zu 
predigen. Er sah sich da 
her schon im April des 
Jahres 1789 nach erst 
vierteljähriger Amtsthätig 
keit gezwungen, an den 
P. Prior in Kremsmünster 
zu schreiben, er bitte um 
alles in der Welt ihn ab 
lösen zu lassen, er wolle 
lieber Tagwerkarbeit ver 
richten, als hier bleiben; er 
vergehe vor Arbeit und Ver 
druß ; er bitte, ihm bald die 
Zeit wissen zu lassen, wo er 
einpacken dürfe. Und der 
Landesregierung theilt er 
am 18, Juni mit, „dass er 
sich durch seine Predigten wider die Concnrse (Zusam- 
menlauf beim Beichtstuhl) und Wallfahrtereien allge 
meinen Widerwillen zugezogen habe." — Sehr be 
greiflich ! 
Bischof Gall hatte durch Dechant Wessicken 
in Punkt 10 der oben erwähnten Eröffnungen anbe 
fohlen: „Es soll sowohl in Adlwang als auch 
in den benachbarten Pfarreien von der 
Kanzel verkündet werden, dass der Pfarrer 
zu Adlwang . . . fremde Pfarrkinder nicht 
m ehr b e i ch t h ö r e n könn e." Man kann sich vor 
stellen, welche Erregung durch diese Vorgänge im Volke 
entstanden war, als es P. Cajetan endlich durchsetzte, 
dass er von Adlwang abberufen wurde. Sein Nach 
folger P. Michae Vorauer sollte am dritten 
Sonntag in der Fasten 1790 installirt werden, und 
bei dieser Gelegenheit sollte das neue Altarbild auf 
gestellt werden. 
Dechant Joh. Mich. Wessicken war von Steyr 
gekommen und rühmte in der Jnstallationsrede das 
neue Bild. Nach dem Gottesdienste sollte es statt 
des Gnadenbildes aufgestellt werden. Da aber die 
Zechpröpste trotz der Anwesenheit der Pfleger von Hall 
und Feyeregg, die ihre Gerichtsdiener mitgebracht hatten, 
lauten Widerspruch gegen die Entfernung des 
Gnadenbildes erhoben, begnügte man sich, dasselbe 
weiter zurückzuschieben, um 
sich dann zur Jnstallations- 
tafel zu verfügen. Während 
derselben aber rückten die 
Weiber von Adlwang unter 
Anführung der Greilmül 
lerin, Katharina Dickbauer, 
in die Kirche ein, hoben das 
neue Bild wieder vom Altar, 
schoben die Gnaden-Statue 
wieder an ihre Stelle, und 
trugen das neue Bild unter 
lautem Schreien in den 
Pfarrhof unter Drohungen 
für den Fall einer Wieder 
aufstellung desselben. Der 
Herr Dechant erschrack ge 
waltig und fand für gut, 
eiligst abzufahren. Das 
Bild wurde nicht wieder 
aufgestellt und die Gnaden- 
statue blieb bei ihren alten 
Rechten. Die Frauen von 
Adlwang hatten das Bild 
unserer lieben Frau ge 
rettet. Ein Zeitgenosse hat 
in einer humoristischen 
Dichtung den „Weibersieg, 
ein Stück zur Aufklärung" 
besungen. 
Um dieselbe Zeit starb 
Kaiser Josef II. (20. Febr. 
1790). Adlwang hatte als 
Wallfahrtsort fast aufge 
hört; nur eines, aber damit 
auch die Hauptsache, war ge 
rettet — das Gnadenbild! 
Ueber die folgenden Schicksale Adlwang's können 
wir uns kurz fassen. Schon unter dem Pfarrvicar 
P. Michael Vorauer begannen die Versuche des 
Pfarrers von Adlwang und seiner Pfarrholden, einen 
Kaplan zu bekommen, aber bald stellte sich diesen Ver 
suchen die Abtei, bald das Consistorium, bald die k. k. 
Hofkanzlei entgegen, bis sich endlich das Stift Krems 
münster herbeiließ, an jedem Sonn- und Feiertag einen 
Priester zu senden, um den zweiten Gottesdienst zu 
halten. 
Pfarrer P. Michael hat um die Verschönerung 
der Kirche und Bereicherung derselben mit neuen Para 
menten große Verdienste. Sein Nachfolger P. Eren- 
6 er t Richter (1804—1814) brachte es dahin, dass
	        
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