Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1886 (1886)

verweichlichen Bescheidenheit — hinter der Orgel — 
durch Farbenschmelz und Zeichnung jeden Beschauer, 
ja selbst das gründlichste Kennerauge fesselt. 
Im Jahre 1664 errichtete der Wiener Adel 
„aus besonderer Andacht zum sterbenden Heiland" 
eine steinerne Stiege von der Straße zum neuerbauten 
Kirchlein hinauf; aber schon 1659 hatte der Bürger 
meister von Linz Ludwig Preller im Vereine mit 
seiner Hausfrau Apollonia die ansehnliche Kapelle des 
hl. Grabes — genau nach dem Modelle jener in 
Jerusalem — daselbst erbaut, was Wappen und In 
schrift über dem Eingänge noch heute bezeugen. 
Am 14. Juli 1684 besuchte selbst Kaiser Leo 
pold I., begleitet von seiner erlauchten Gemalin, den 
Kalvarienberg und am 3. Oktober 1688 wurde die 
Kirche daselbst von dem Domprobste zu Passau, Franz 
Anton v. Losenstein, feierlich eingeweiht. Die Jesuiten 
besorgten fortan hier den regelmäßigen Gottesdienst 
— bis man sie mit rauher Hand aus Linz vertrieb. 
Am 27. April 1714 legte der damalige Herr 
Landeshauptmann den Grundstein zu der sogenannten 
heiligen St iege auf den Kalvarienberg, welche dort 
begann, wo das traute Kapellchen „Maria Bründl" 
noch heute steht, und woher das daselbst befindliche 
Linienamt noch jetzt „Linienamt zur hl. Stiege" heisst. 
Durch Eröffnung der Steinbrüche ward diese hl. Stiege 
ein Gegenstand des Zankes, ward beschädiget und 
wurde endlich, so wie sie jetzt ist, durch den seligen 
Domdechant Kirchsteiger anno 1850 hergestellt. 
Eine besondere Bedeutung, wie bereits oben er 
wähnt, erlangte die Kalvarienbergkirche im Jahre 1784 
und hat sie bis zur Stunde. In diesem Jahre zer 
störte nämlich eine furchtbare Wasserfluth die Kirche zu 
St. Margarethen bis auf den Grund und schwemmte 
auch den Friedhof um dieselbe sammt vielen Leichen 
hinweg. Ein schauerlicher Gräuel der Verwüstung, der 
theilweise auch schon 1563, 1662, 1682, 1705 und 
1711 stattgefunden! 
Um nie mehr solch Entsetzliches mit ansehen zu 
müssen, trugen nun die Margarethner mit Erlaubnis 
des Herrn Stadtpfarrers Michael von Posch die 
Ueberreste des Gottesackers hinauf zur Kalvarienberg 
kirche und legten mit emsiger Hand um dieselbe einen 
Friedhof an; sie schütteten die Felsenspalten mit 
Erde aus dem Thäte ans, welche die Weiber mit 
Körben und Schaffeln auf dem Kopf hinanfgeschleppt 
und thürmten so viel Erdreich über dem Gestein auf, 
dass ungeachtet der neuen strengeren Vorschriften 
bezüglich der Tiefe der Gräber noch jetzt Beerdigungen 
ungehindert stattfinden können. Auch Domdechant 
Kirchsteiger ruht dort inmitten eines Theiles seiner 
braven Pfarrkinder seit 2. November 1859. 
Nachdem auch die bei St. Margaretha fundierten 
Stiftungen übertragen worden und seither daselbst 
persolviert werden, ist diese Kirche „zum hl, Kreuz" *) 
eine förmliche Filiale der Stadtpfarre geworden. Daher 
wird auch der Gottesdienst noch jetzt von der Stadt- 
pfarre Linz aus besorgt und besteht zunächst gemäß 
einer Stiftung in Segenmesse und Predigt jeden Sonn - 
und Festtag, am Passionssonntage aber und den 
beiden Sonntagen nach Kreuzerhöhung und Krenz- 
auf sin düng überdies in Festpredigt und Hochamt 
um 10 Uhr. Außerdem findet jeden Freitag in der 
Fastenzeit um 6 Uhr früh eine hl. Segenmesse statt, 
werden die Selmann-Rucker'schen- unb Bnbla-Stift- 
messen und jedesmal so oft Messen für daselbst zu 
lesen erbeten werden, gelesen. — 
Möge diese kurze übersichtliche Darstellung der 
Geschichte eines der interessantesten Punkte um Linz 
dazu beitragen, dass die Andacht zur Himmelsmutter, 
dort oben im Thal voll idyllischer Ruhe, wie nicht 
minder zu ihrem für lins leidenden göttlichen Sohne 
wieder neu entflammt jener unserer Vorfahren ähnlich 
werde! „ 
Linz, ant dritten goldenen Samstag 1885. 
I. C. Miltendorftr. 
*) Unterm 25. Juni 1755 verlieh Papst Benedict XIV. 
auf Bitten des Stadtpfarrers Johann C. Giovanelli allen 
jenen Gläubigen einen vollkommenen Ablass, welche nach 
würdiger Beicht und Commnnion die Kalvarienbergs 
kirche: am „Kreuzerhöhungsfeste", an einem „Freitag der 
40tägigen Fastenzeit", oder an was immer für „einem Tage 
im Jähre einmal" besuchen, und da beten um Eintracht der 
christlichen Fürsten, Ausrottung der Ketzereien und das Heil 
unserer hl. Mutter - der römisch-katholischen Kirche. 
Ban insrä Kreuzsäuln han i fert 
Ämal än Müllnä betn ghert, 
Koan Mensch, das glaubts mä, denkat dran, 
Wia fein ä Müllnä betn kann. 
Gott, hat er gruaft, mein lieba Gott, 
Was is denn wögn drei, vier Loth 
Ban Loabl, wanns a gringa wögt, 
Gsögn's du dafür, daß's bössa glückt! 
Bschütz mi vor alln Schadn und Load, 
Wann i kaf a wohlfals Troad, 
Und Han Ls hoam in Kastn gführt, 
So mach fein, daß's gschwind theura wird. 
Valeih ma bis zun lötztn End, 
Vor alln so ä gschicktö Hand, 
Daß i nur gring gnua mößtt thua, 
Und manthn aber viel und gnua.
	        
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