Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1886 (1886)

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Priesterschaft nahm sich der Wallfahrt an; reiche Gaben 
flössen und Votivtafeln, Wachsgelenke sammt vielen 
Krücken deckten bald den Felsen und der Hütte Wände. 
Viele Wunder, Mirakel nennen sie die Leute, wer 
den ans jener Zeit erzählt. Eines sei auch hier erwähnt. 
„In Böhmen, nahe an der oberösterreichischen 
Grenze, lebte vor etwa dritthalb hundert Jahren eine 
vornehme Edelfrau. Diese litt bereits seit mehreren 
Jahren an einem Fußübel, so dass es ihr unmöglich 
war, ohne Anwendung der Krücken sich von hinein 
Orte zum andern zu bewegen. Weder die Kunst der 
Aerzte, noch der Gebrauch von Bädern, gewährten ihr 
die mindeste Hilfe. Sie hatte daher die traurige Aus 
sicht, Zeit ihres Lebens lahm zu bleiben. — Endlich 
drang zufällig die Kunde von dem wunderthätigen 
Gnadenbilde zu Maria Thal bei Linz auch zu ihr. 
Sogleich machte sie in der frommen Hoffnung auf die 
Fürbitte der seligsten Jungfrau Maria das Gelöbnis, 
eine WÄfahrt dahin zu vollführen. 
Ihr bejammernswerter Zustand besserte sich gleich 
nach den: geleisteten Gelöbnisse merklich, und nachdem 
sie die Wallfahrt in gottergebenem Glauben und an 
dachtsvoll^ mühsam unternommen hatte, behob sich ihre 
Krankheit dergestalt, dass sie zur Rückreise die Krücken 
nicht mehr benöthigte, daher sie dieselben mit dank 
erfülltem Herzen zu Maria Thal zurückließ." 
Angesichts solcher Dinge dachte man daran, ein 
Kirchlein hier zu bauen; allein wer sollte, wer konnte 
ein so großes Opfer bringen? Es war zur Zeit als 
die entschieden katholischen Kaiser Ferdinand II. und 
III. die hergelaufenen lutherischen Prädicanten, welche 
bereits ganz Oberösterreich unterminiert und nicht nur 
dem wahren Glauben, sondern auch dem Hause Habs 
burg abwendig gemacht hatten, abgeschafft und die 
Gott und dem Kaiser allzeit getreuen Jesuiten unter 
andern auch in Linz eingeführt hatten. Die Hochwür 
digen Patres, allzeit glühende Verehrer Mariens, 
nahmen sich auch sogleich der „Maria im Thal" an; 
sammelten Gaben zur Erbauung eines würdigen Kirch 
leins und sorgten für die Einrichtung zur Abhaltung 
des Gottesdienstes. Da ereignete sich ein neues Wunder: 
Ein Kaufmann aus Linz erbot sich das projectierte 
Kirchlein aus Eigenem zu bauen. 
Im Jahre 1690 begann der Bau. Es ist inte 
ressant zu erfahren, dass im nämlichen Jahre der 
Kapuzinerkloster- und Kirchenbau (jetzige Pfarrkirche) 
in Urfahr, der Bau des Klosters der Ursulinen in 
Linz und des Nordico in der Bethlehemstraße daselbst 
begonnen wurde. Ein unaustilgbarer Beweis dafür, 
dass die „Linzer vor 200 Jahren" gleich groß als 
Katholiken, Menschenfreunde und Förderer guten Schul 
wesens dastehen. 
Gedachter Kaufmann übersiedelte bald darauf 
nach Wiens nichts desto weniger blieb er auch von 
dort aus dem Kirchenbaue treu. So entstand das Rondo- 
Kirchlein um die hl. Mutter im Thale, im besseren 
Rococostyle, wie wir es noch heute schauen. Das 
Gnadenbild, sehr kunstvoll aus Sandstein gemeißelt 
und in altdeutscher Ornamentik gefasst, zeigt uns den 
Weltheiland auf dem Arme der Mutter wie er mit 
erhobener Rechte unter dem gar holden Lächeln der 
allzeit gnädigen Jungfrau die Welt segnet — segnet 
Alle, die sich gläubig bittend nahen. Und wohin dieser 
Segen führe, woher Maria den unermessenen Schatz 
der Gnaden hat, den sie fort und fort den armen 
Erdenpilgern offen hält, zeigt uns das wirklich recht 
hübsche älteste Frescogemälde von Linz am 
Plafond: „Mariä Himmelfahrt" von Heindl aus Wels. 
Das liebliche vielbesuchte Kirchlein wurde bald 
zu klein, und d.a ob des Weges zu den Höhen des 
Berges Kalvariä einerseits und der Granitfelsmassen 
andererseits eine Vergrößerung nicht möglich war, so 
erbaute man gerade gegenüber dem Hauptportale jen 
seits des Weges ein bedeutendes Schiff (Langhaus), 
das ruhend auf 8 gewaltigen Pfeilern aus der Tiefe 
dem Ganzen ein nur noch malerisches Aussehen, wie 
unser Bild es zeigt, verleiht. Noch immer finden sich 
fromme Pilger, treue Kinder Mariens, in „Maria 
Thal" zahlreichst, wenn auch mehr vereinzelt, ein; 
besonders ist dies der Fallen der Beichtzeit und an 
den „goldenen Samstagen." Der Altarstein zeigt die 
Inschrift 1766, ein Beweis, dass wenigstens seit dieser 
Zeit in „Maria Thal" auch die hl. Messe gelesen 
wird; seit dem Jahre 1867 aber wird infolge der 
Plöderl'schen Stiftung jeden Samstag gewöhn 
lich um 7 Uhr daselbst eine hl. Messe gelesen. 
Dem Jahre 1885 blieb es vorbehalten, nach fast 
zweihundertjährigem Bestehen durch die Liebe zur 
Mutter Gottes einiger edler Seeleir eine nicht unbe 
deutende, höchst gelungene Renovierung an Altar und 
Gnadenbild vornehmen zu können. Gäbe Gott, dass 
sich auch für weiteres gute Menschen fünden, da ja 
das so idyllisch gelegene Muttergotteskirchlein sammt 
seiner Klause selbst gar kein Vermögen besitzt! 
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Unser Bild zeigt aber noch ein Kirchlein und 
zwar an hervorragendster Stelle: Die Kalvarien 
bergkirche bei Linz. Sie steht auf einem gegen die 
Donau vorspringenden etwa 20 Meter über diese er 
habenen Granitblock rings von Wald und Felsen um 
geben — malerisch wie keine zweite! Ihr Ursprung 
fällt in's siebzehnte Jahrhundert, ihre hervorragende 
Bedeutung erhielt sie Ende des achtzehnten. 
Um das Jahr 1657, lautet der Bericht, erbauten 
die Hochwürdigen Patres Jesuiten von Linz an der 
Stelle, wo schon längst ein Votivbild') gläubige Ver 
ehrung fand, die gegenwärtige Kirche. Der Styl in 
Bau und Einrichtung weist unverkennbar auf jene 
Zeit; letztere aber ist kostbar wie nur selten wo in 
Oberösterreich; Speisegitter, Mensa (Altartisch) und 
Tabernakel sind aus feinst geschliffenem Untersb er- 
ger-, der Altaraufsatz sogar ans schwarzem Mar 
mor; an Statuen und Gemälden zeigte sich die Zeit 
wie sie eben war — voll heiligen Eifers ohne gründ 
liche Durchbildung des Gedankens. Als spätere Zuthat, 
doch als ein Schatz wie Linz bis zur Stunde vielleicht 
keinen besitzt, darf ein altes Glasgemälde am Chor 
nicht unerwähnt bleiben, das zwar sicher nicht aus 
„Nenhausers Fabrik" stammt, aber doch in seiner un- 
Obenbezeichnetes Kreuz.
	        
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