65
Priesterschaft nahm sich der Wallfahrt an; reiche Gaben
flössen und Votivtafeln, Wachsgelenke sammt vielen
Krücken deckten bald den Felsen und der Hütte Wände.
Viele Wunder, Mirakel nennen sie die Leute, wer
den ans jener Zeit erzählt. Eines sei auch hier erwähnt.
„In Böhmen, nahe an der oberösterreichischen
Grenze, lebte vor etwa dritthalb hundert Jahren eine
vornehme Edelfrau. Diese litt bereits seit mehreren
Jahren an einem Fußübel, so dass es ihr unmöglich
war, ohne Anwendung der Krücken sich von hinein
Orte zum andern zu bewegen. Weder die Kunst der
Aerzte, noch der Gebrauch von Bädern, gewährten ihr
die mindeste Hilfe. Sie hatte daher die traurige Aus
sicht, Zeit ihres Lebens lahm zu bleiben. — Endlich
drang zufällig die Kunde von dem wunderthätigen
Gnadenbilde zu Maria Thal bei Linz auch zu ihr.
Sogleich machte sie in der frommen Hoffnung auf die
Fürbitte der seligsten Jungfrau Maria das Gelöbnis,
eine WÄfahrt dahin zu vollführen.
Ihr bejammernswerter Zustand besserte sich gleich
nach den: geleisteten Gelöbnisse merklich, und nachdem
sie die Wallfahrt in gottergebenem Glauben und an
dachtsvoll^ mühsam unternommen hatte, behob sich ihre
Krankheit dergestalt, dass sie zur Rückreise die Krücken
nicht mehr benöthigte, daher sie dieselben mit dank
erfülltem Herzen zu Maria Thal zurückließ."
Angesichts solcher Dinge dachte man daran, ein
Kirchlein hier zu bauen; allein wer sollte, wer konnte
ein so großes Opfer bringen? Es war zur Zeit als
die entschieden katholischen Kaiser Ferdinand II. und
III. die hergelaufenen lutherischen Prädicanten, welche
bereits ganz Oberösterreich unterminiert und nicht nur
dem wahren Glauben, sondern auch dem Hause Habs
burg abwendig gemacht hatten, abgeschafft und die
Gott und dem Kaiser allzeit getreuen Jesuiten unter
andern auch in Linz eingeführt hatten. Die Hochwür
digen Patres, allzeit glühende Verehrer Mariens,
nahmen sich auch sogleich der „Maria im Thal" an;
sammelten Gaben zur Erbauung eines würdigen Kirch
leins und sorgten für die Einrichtung zur Abhaltung
des Gottesdienstes. Da ereignete sich ein neues Wunder:
Ein Kaufmann aus Linz erbot sich das projectierte
Kirchlein aus Eigenem zu bauen.
Im Jahre 1690 begann der Bau. Es ist inte
ressant zu erfahren, dass im nämlichen Jahre der
Kapuzinerkloster- und Kirchenbau (jetzige Pfarrkirche)
in Urfahr, der Bau des Klosters der Ursulinen in
Linz und des Nordico in der Bethlehemstraße daselbst
begonnen wurde. Ein unaustilgbarer Beweis dafür,
dass die „Linzer vor 200 Jahren" gleich groß als
Katholiken, Menschenfreunde und Förderer guten Schul
wesens dastehen.
Gedachter Kaufmann übersiedelte bald darauf
nach Wiens nichts desto weniger blieb er auch von
dort aus dem Kirchenbaue treu. So entstand das Rondo-
Kirchlein um die hl. Mutter im Thale, im besseren
Rococostyle, wie wir es noch heute schauen. Das
Gnadenbild, sehr kunstvoll aus Sandstein gemeißelt
und in altdeutscher Ornamentik gefasst, zeigt uns den
Weltheiland auf dem Arme der Mutter wie er mit
erhobener Rechte unter dem gar holden Lächeln der
allzeit gnädigen Jungfrau die Welt segnet — segnet
Alle, die sich gläubig bittend nahen. Und wohin dieser
Segen führe, woher Maria den unermessenen Schatz
der Gnaden hat, den sie fort und fort den armen
Erdenpilgern offen hält, zeigt uns das wirklich recht
hübsche älteste Frescogemälde von Linz am
Plafond: „Mariä Himmelfahrt" von Heindl aus Wels.
Das liebliche vielbesuchte Kirchlein wurde bald
zu klein, und d.a ob des Weges zu den Höhen des
Berges Kalvariä einerseits und der Granitfelsmassen
andererseits eine Vergrößerung nicht möglich war, so
erbaute man gerade gegenüber dem Hauptportale jen
seits des Weges ein bedeutendes Schiff (Langhaus),
das ruhend auf 8 gewaltigen Pfeilern aus der Tiefe
dem Ganzen ein nur noch malerisches Aussehen, wie
unser Bild es zeigt, verleiht. Noch immer finden sich
fromme Pilger, treue Kinder Mariens, in „Maria
Thal" zahlreichst, wenn auch mehr vereinzelt, ein;
besonders ist dies der Fallen der Beichtzeit und an
den „goldenen Samstagen." Der Altarstein zeigt die
Inschrift 1766, ein Beweis, dass wenigstens seit dieser
Zeit in „Maria Thal" auch die hl. Messe gelesen
wird; seit dem Jahre 1867 aber wird infolge der
Plöderl'schen Stiftung jeden Samstag gewöhn
lich um 7 Uhr daselbst eine hl. Messe gelesen.
Dem Jahre 1885 blieb es vorbehalten, nach fast
zweihundertjährigem Bestehen durch die Liebe zur
Mutter Gottes einiger edler Seeleir eine nicht unbe
deutende, höchst gelungene Renovierung an Altar und
Gnadenbild vornehmen zu können. Gäbe Gott, dass
sich auch für weiteres gute Menschen fünden, da ja
das so idyllisch gelegene Muttergotteskirchlein sammt
seiner Klause selbst gar kein Vermögen besitzt!
*
4- 4-
Unser Bild zeigt aber noch ein Kirchlein und
zwar an hervorragendster Stelle: Die Kalvarien
bergkirche bei Linz. Sie steht auf einem gegen die
Donau vorspringenden etwa 20 Meter über diese er
habenen Granitblock rings von Wald und Felsen um
geben — malerisch wie keine zweite! Ihr Ursprung
fällt in's siebzehnte Jahrhundert, ihre hervorragende
Bedeutung erhielt sie Ende des achtzehnten.
Um das Jahr 1657, lautet der Bericht, erbauten
die Hochwürdigen Patres Jesuiten von Linz an der
Stelle, wo schon längst ein Votivbild') gläubige Ver
ehrung fand, die gegenwärtige Kirche. Der Styl in
Bau und Einrichtung weist unverkennbar auf jene
Zeit; letztere aber ist kostbar wie nur selten wo in
Oberösterreich; Speisegitter, Mensa (Altartisch) und
Tabernakel sind aus feinst geschliffenem Untersb er-
ger-, der Altaraufsatz sogar ans schwarzem Mar
mor; an Statuen und Gemälden zeigte sich die Zeit
wie sie eben war — voll heiligen Eifers ohne gründ
liche Durchbildung des Gedankens. Als spätere Zuthat,
doch als ein Schatz wie Linz bis zur Stunde vielleicht
keinen besitzt, darf ein altes Glasgemälde am Chor
nicht unerwähnt bleiben, das zwar sicher nicht aus
„Nenhausers Fabrik" stammt, aber doch in seiner un-
Obenbezeichnetes Kreuz.