Volltext: Von Waterloo bis Antwerpen [38]

und Wirken dieses englischen Botschafters zu verdanken, der die 
amerikanischen Verhältnisse und ihre Entwicklung als bedeutender 
' Historiker aus erster Land kennt und deshalb von seiner Regie¬ 
rung mit Recht als besonders berufener diplomatischer Vertreter 
seines Leimatlandes bei den Vereinigten Staaten betrachtet 
worden ist. Lier können wir Deutschen von England 
etwas sehr Wesentliches lernen. 
Zu meinen schönsten Erinnerungen werden stets die weihe¬ 
vollen Stunden gehören, die mir ein in Deutschland wohlbekannter 
führender Gelehrter in den Räumen seiner zu einem der größten 
Colleges gehörigen Amtswohnung in Oxford schenkte, und in 
denen er, der Engländer, die Gedichte des unlängst mit dem 
Nobelpreise gekrönten indischen Dichters und Denkers Rabindra- 
nath Tagore, die ihm in englischer Prosa-Äbersehung vorlagen, 
in deutschen, Goetheschen Geist atmenden Distichen wiedergegeben 
und umschrieben hatte. Die beabsichtigte Beendigung dieser der 
Feile und Beseitigung kleiner Anebenheiten dienenden gemeinsamen 
Sitzungen hat der Ausbruch des Krieges verhindert, und ich 
fürchte, zu einer Veröffentlichung dieser dem deutschen Geiste 
dargebrachten freiwilligen Luldigung wird es ohnehin schwerlich 
je kommen. So mögen hier die verklungenen Töne aus einer 
versunkenen Welt noch einmal leise anklingen. 
Fast das Letzte, das ich im englischen akademischen Leben 
vernahm, ehe ich England, nicht ahnend, daß es für immer sei, 
verließ, war eine von einer Anzahl Gelehrter englischer Nationalität 
abgegebene Erklärung, daß bei der Besetzung des germanistischen 
Lehrstuhls an englischen Aniversitäten die Vertretung der 
gesamten deutschen Kultur als wesentlich, als eine Laupt- 
sache zu betrachten sei und daß deshalb selbst dem auf dem 
Gebiete der deutschen Philologie und Literatur hervorragendsten 
Engländer ein deutscher Gelehrter vorgezogen werden müsse! 
So fehlt es in England keineswegs an Ansätzen und An¬ 
knüpfungspunkten für ein Verständnis deutscher Gedanken und 
deutscher Kultur. 
Die deutsche Wissenschaft genießt in England alle ihr ge¬ 
bührende Anerkennung, und diese Achtung ist friedlicher Natur, 
während die jünger entwickelte notgedrungene Lochachtung vor dem 
deutschen Anternehmungsgeist auf dem Gebiete des Landels und 
der Industrie sich in den Formen englischer Eifersucht und Miß- 
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