Volltext: Das russische Orangebuch über den Kriegsausbruch mit der Türkei

Integrität sollte gemäß der französischen Anregung als haupt¬ 
sächliche Lockspeise dienen. Als kurz darauf vom russischen 
Botschafter in Konstantinopel, Giers, die alarmierende Nachricht 
eintraf, der Großvezier, Djavid Bey, mit dem Petersburg ver¬ 
handelte, könne jeden Augenblick durch Enver Pascha ver¬ 
drängt werden und müsse daher schleunigst durch ein Ab¬ 
kommen gestütst werden (39), wurde Sasonow sogar noch 
entgegenkommender und wollte der Pforte Kompensationen in 
Thrazien, die ägäischen Inseln und ein Defensivbündnis mit 
Rußlaud auf 8 bis 10 Jahr in Aussicht stellen (41). 
In Paris schlug man inzwischen schon eine andere Richtung 
ein. Am 17. August telegraphierte Iswolski, Delcasse meine, 
statt Verhandlungen mit der Türkei, die doch wohl ergebnislos 
bleiben müßten, sei es «zweckmäßiger, ohne Zeitverlust 
den Balkanblock wieder herzustellen und ihn gegen 
die Türkei zu richten" (43). An derselben Stelle, wo man die 
hübsche List der Integrilätsgarantie ausgeheckt hatte, ließ man 
demnach den Gedanken an ihre Durchführung schon wieder 
fallen und befürwortete statt dessen die Anwendung von Ge¬ 
walt. Das paßt durchaus in das Gesamtbild der geheimen Vor¬ 
geschichte des Krieges mit der Türkei. 
Ebenso kennzeichnend ist die Haltung Englands. In London 
wußte man aller Wahrscheinlichkeit nach nichts von dem 
wirklichen Sinn der Zugeständnisse an die Pforte und war in¬ 
folgedessen über das russische Entgegenkommen erstaunt, ja 
geradezu ungehalten. Nach einem Telegramm Benckendorffs 
an Sasonow vom 17. August äußerte Grey, er habe zwar den 
britischen Botschafter in Konstantinopel angewiesen, „der Tür¬ 
kei, falls sie neutral bleibt, die Garantie der Unverletzlichkeit 
ihres jetzigen Territoriums und die Rückgabe der deutschen 
Konzessionen anzubieten," im übrigen aber habe er ihn be¬ 
auftragt, mit dem zu erwartenden deutschen Mißerfolg zu 
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