Volltext: Józef Piłsudski Reden und Armeebefehle (Band IV / 1936)

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REDEN UND ARMEEBEFEHLE 
meine Rührung darüber verstehen, daß mir gerade hier in 
Krakau die Ehre einer Anerkennung meiner Arbeit und 
meiner bescheidenen Verdienste zuteil wird. 
Sie hatten die Güte, meine Herren, meiner Arbeit für 
das Recht und für die Festigung seiner Bedeutung in Po¬ 
len Erwähnung zu tun. Ich bin in einem Lande aufgewach¬ 
sen, in welchem die Rechtlosigkeit Recht war, in welchem 
jeder Mensch, wenn er nicht im Trüben fischen wollte, 
sich nach einem Recht sehnen mußte, das über dem Wil¬ 
len, der Willkür und der Laune des Menschen steht. Spä¬ 
ter ließ mich mein Schicksal Soldat werden; den Soldaten 
aber erzieht das große Ereignis Krieg nicht zum Recht, son¬ 
dern zu Willkür und Gewalt. Unter den gleichen Umstän¬ 
den wie ich wuchs und bildete sich die jetzige polnische 
Generation heran, in der mich die Vorsehung und mein 
schlechter oder guter Stern zum Vertreter der höchsten 
Staatsführung bestimmt hat. Mein erster Entschluß war, 
nach Recht und Befestigung des Rechtsbewußtseins im gan¬ 
zen Volke zu streben. Wie ich sehe, geht diese Arbeit unter 
sehr schweren Bedingungen vor sich und ist nicht in schnel¬ 
lem Tempo zu vollbringen. Die Verschiedenartigkeit der 
Rechtsbegriffe, die Demoralisierung durch den Krieg, die 
Gewöhnung an Willkür und manchmal ein unbewußtes Su¬ 
chen nach ihr — das sind die Hemmungen, die dieser Ar¬ 
beit im Wege stehen. Wenn ich diese Dinge objektiv be¬ 
trachte, so kann ich nicht sagen, daß meine bescheidenen 
Bemühungen bisher große und so besonders erwünschte 
Ergebnisse gezeitigt hätten. Aber ich war doch stets be¬ 
strebt, das Recht zu stützen und ihm Macht zu verschaf¬ 
fen, gleichviel ob es das Leben beherrscht und regelt oder 
ob es Schmerzen und Leiden lindert oder ob es schlie߬ 
lich „lex dura sed lex“ ist. Wenn nun eine so hohe Körper¬
	        
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