Volltext: Józef Piłsudski Reden und Armeebefehle (Band IV / 1936)

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REDEN UND ARMEEBEFEHLE 
ohne jede Hoffnung auf Sieg. Bedenken Sie, meine Her¬ 
ren, als Soldaten, ob das nicht ein Beweis großer morali¬ 
scher Kraft und soldatischer Tüchtigkeit ist. 
Sie haben allerdings eine Niederlage erlitten; aber das 
kann in jedem Krieg und jedem Kriegführenden gesche¬ 
hen. Diese Soldaten jedoch erlitten im Urteil des Volkes, 
das sie verteidigten, eine tiefere Niederlage, und zwar eine 
moralische. Von den Dichterworten über das Gebet, das 
weint, und den Blitz, der aufleuchtet, blieb ihnen besten¬ 
falls das Gebet, das weint. Im schlimmsten Falle aber — ich 
will hier nicht von einem Urteil sprechen —: den Blitz, 
der aufleuchtet, hat man ihnen abgesprochen; nur in den 
Kinderköpfen durfte er bleiben, nur mit naiven Kinder¬ 
augen durfte man ihn schauen. Das Volk entledigte sich 
der Erinnerung an die Soldatenarbeit des Jahres 1863, wie 
ein Kind sich beeilt, die kurzen Jungenhöschen abzutun. 
Ich verstehe gut, alte Kameraden, wieviel Bitterkeit 
manchmal Eure Herzen erfüllte. Vielleicht ist es Euch da 
ein Trost, daß es noch Unglücklichere als Euch gab, die 
Euch beneideten. Ich habe zu ihnen gehört. Als nach Eurer 
Niederlage schwere Zeiten nicht nur der körperlichen, son¬ 
dern auch der geistigen Sklaverei über uns kamen, schien 
es häufig, als sollte meiner Generation nicht das Glück zu¬ 
teil werden, den Frühling zu begrüßen, das bis dahin jede 
polnische Generation gehabt. Damals beneidete ich Euch 
oft, wenn mich die unnatürlichen Bedingungen des unter¬ 
irdischen Kampfes müde gemacht hatten, um das Glück, 
Auge in Auge und Brust gegen Brust mit dem Feind zu 
kämpfen. Darum ist es mir heute in den Tagen des 
Triumphs angenehm, Euch unter uns zu sehen, die ver¬ 
dienstvollen Kameraden der Arbeit für den Blitz, der da 
aufleuchtet und einschlägt.
	        
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