Volltext: Józef Piłsudski Reden und Armeebefehle (Band IV / 1936)

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BEDEN UND ARMEEBEFEHLE 
Ich will dem nicht widersprechen; aber was Sie die 
öffentliche Meinung nennen, ist weder der Abgeordnete 
noch der Senator. Ich gestehe, man muß viel optimistische 
Zuversicht haben, um an einen solchen moralischen Um¬ 
schwung zu glauben. Die Fälle sind doch selten in der Welt, 
daß bevorrechtete Kreise gerne auf ihre Privilegien ver¬ 
zichten. Noch seltener aber kommt es in der Geschichte vor, 
daß sich Cliquen und Grüppchen zu solchen Entschlüssen 
aufraffen könnten. Ich für meine Person bin eher dazu ge¬ 
neigt, anzunehmen, daß Sejm und Senat nach der Wahl 
eines neuen Präsidenten insofern der öffentlichen Meinung 
nachgeben werden, als sie sich für eine Zeitlang vertagen 
und das Damoklesschwert ihrer Vorrechte, ihres Rechts, 
jegliche Regierungstätigkeit zu hemmen, über dem Haupte 
des Neuerwählten hängen lassen werden, dessen Aufgabe 
es wird sein müssen, eine neue Regierung zu bilden. Gebe 
Gott, daß der Neuerwählte bei dieser Regierungsbildung 
nicht dadurch bloß gestellt wird, daß es ihm unmöglich ge¬ 
macht wird, diese Arbeit in kurzer Zeit durchzuführen, da¬ 
durch daß ihm — wie das bis jetzt in Polen gang und gäbe 
war — alle Parteien, Gruppen und Cliquen im Sejm und 
Senat „hilfreich zur Seite stehen“. 
Über parlamentarische Regierungen 
Warschau, 28. Mai 1926 
Unser voriges Gespräch schlossen Sie9 Herr Mar¬ 
schall, mit dem Ausdruck Ihrer Befürchtung über die 
Lage des künftigen Staatspräsidenten, wenn er bei sei¬ 
nem ersten Schritt, der Berufung einer neuen Regie¬ 
rung, vor die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit mit
	        
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