Volltext: Józef Piłsudski Reden und Armeebefehle (Band IV / 1936)

AUS DER ZEIT NACH DEM MAIUMSTURZ 
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Staatspräsidenten gegenüber wiederholen möchten, nur daß 
jetzt die Neureichen die Magnaten von einst spielen wollen. 
Wie einst der König, soll doch der Präsident den ganzen 
Staat verkörpern, und zwar mit allen Parteien und allen 
Volksschichten. Naturgemäß ist er nur ein Einzelmensch, 
und da er als solcher ganz oben zu stehen hat, ist er zur 
Einsamkeit verurteilt. 
Es ist eine Schande für Polen, und zwar sowohl in jener 
Zeit, da es seinem Untergang entgegenging, wie im neuen, 
sogenannten demokratischen Staat, daß man seinen Vertre¬ 
ter nach außen und nach innen mit allerlei hohen Eiden 
belastet, welche die Wähler selbst nicht ablegen, oder wenn 
sie sie doch ablegen, nicht halten; es geht nicht an, daß man 
dem Staatsoberhaupt selbst den Anschein der unmittelbaren 
Macht wegnimmt, welche es ihm erleichtern könnte, seinen 
Eid zu halten, in dem unter anderem davon die Rede ist, 
daß er die Würde des polnischen Namens in der Welt ver¬ 
teidigen solle. 
Aber schon der Brauch, der früher und in unserer Zeit 
üblich war, den öffentlichen Vertreter von Volk und Vater¬ 
land zu verunglimpfen, sich niederträchtig in seine pri¬ 
vatesten Angelegenheiten und Gefühle hineinzudrängen, 
und immer wieder den Versuch zu unternehmen, aus dem, 
was soviel bedeutet wie für das Militär die Fahne von Staat 
und Volk, irgendeinen durch den Schmutz geschleiften 
Fetzen zu machen — dieser Brauch ist wohl für niemand 
eine Ermutigung, eine solche Abscheulichkeit des polni¬ 
schen Lebens auf dem Posten des Präsidenten zu ertragen. 
Darum will ich auch — das möchte ich wiederholen — 
bei der Aufstellung der Kandidaten nicht der einzige Kan¬ 
didat Polens sein; als ein Mensch, der die innere Kraft be¬ 
sitzt, diese Scheußlichkeit erleben und überwinden zu kön- 
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