Volltext: Józef Piłsudski Reden und Armeebefehle (Band IV / 1936)

AUS DER ZEIT DER ZURÜCKGEZOGENHEIT IN SULEJOWEK 133 
Auch darin kann man nichts Ungewöhnliches, nichts Histo¬ 
risches finden. Das Geschichtliche fängt erst später an, ein 
ungewöhnlicher Geschichtsvorgang, über den ich im Laufe 
dieser fünf Jahre so manches Mal nachgedacht habe, um 
nach einer Antwort auf jene Fragen zu suchen, die — wie 
ich glaube — die künftigen Geschichtsschreiber noch mehr 
quälen werden, da sie keine Augenzeugen jener Ereignisse 
besitzen werden. Es geschah etwas Unerhörtes. Es geschah 
nämlich im Verlauf einiger Tage, ohne daß sich der Be¬ 
treffende irgendwie bemüht, ohne daß er Gewalt ange¬ 
wandt hätte, ohne irgendeine Bestechung, ohne irgend¬ 
welche Konzessionen, seien es Waldkonzessionen oder ir¬ 
gendwelche sonst, ohne alle und jede — wenn ich so sagen 
soll — „legalen66 Dinge ereignete sich etwas völlig Unge¬ 
wöhnliches. Dieser Mann wurde Diktator. Als ich mich auf 
meine heutige Ansprache vorbereitete, habe ich über den 
Begriff „Diktator66 nachgedacht. Ich will kein besonders 
gesuchtes Wort gebrauchen noch für mich eine spezielle 
Bezeichnung beanspruchen; ich suche lediglich als Ge¬ 
schichtsforscher eine Erscheinung zu bezeichnen, die man 
nicht anders benennen kann. Denn dieser Mann gab Er¬ 
lasse heraus, denen allgemein Gehör geschenkt wurde; die¬ 
ser Mann erteilte Befehle, denen man widerspruchslos, wil¬ 
lig oder unwillig gehorchte, die jedenfalls ausgeführt wur¬ 
den; dieser Mann ernannte Militär- und Zivilbeamte. Ob er 
gut oder schlecht handelte, will ich hier nicht berühren, 
mir ist es nur um die Tatsache selbst zu tun, um die 
nackte, historische Tatsache. Ich kann diese Erscheinung 
nicht anders als mit dem Namen Diktator bezeichnen. Denn 
alles hing damals von seinem guten Willen, von seiner Ent¬ 
scheidung, von seiner guten oder schlechten Berechnung 
ab. Tätig oder passiv, gern oder ungern folgten ihm Millio¬
	        
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