Volltext: Józef Piłsudski Das Jahr 1920 (Band II / 1935)

M. TUCHATSCHEWSKY, DER VORMARSCH ÜBER DIE WEICHSEL 263 
Diese Fehler in der polnischen Kräftegruppierung wurden von 
uns berücksichtigt, und man rechnete bei der Vorbereitung des 
Angriffes darauf, daß ein schneller Stoß unsrer überlegenen 
Kräfte in einem Zug die erste polnische Linie vernichten würde. 
Um in kürzester Zeit die besten Ergebnisse zu erreichen, erhiel¬ 
ten die Divisionsführer den Befehl, ihre Truppen gleichzeitig 
einzusetzen, ohne Reserven auszuscheiden. Unsre Truppen er¬ 
drückten durch ihre Masse und fegten dort, wo sie angriffen, die 
in der ersten Linie fechtenden polnischen Truppen im wahren 
Sinne des Wortes hinweg. Die darauffolgenden Gegenstöße der 
Reserven waren dann nicht mehr gefährlich, und die Reserven 
teilten das Los der ersten Linie. 
Die Ausbildung der polnischen Truppen stand im allgemeinen 
höher als die unsrer Truppen. Die Bewaffnung und Bekleidung 
waren gleichfalls besser. 
Die zahlenmäßigen Stärken unsrer und der polnischen Trup¬ 
pen glichen sich nach Beendigung unsres Aufmarsches aus. Un¬ 
ser Stab meinte sogar, daß wir stärker sein würden. Das kam da¬ 
her, daß wir unsre Kräfte nach der Zahl der Kämpfer berechne¬ 
ten, indessen die Polen nach Bajonetten und Säbel rechneten 
(Tabelle I), was die Berechnung sehr erschwerte. 
IV. Die Maioffensive 
Während des Aufmarsches unsrer Hauptkräfte an der West¬ 
front kämpften die Polen weiter siegreich an der Südwestfront. 
Ihre Erfolge machten sich auch im Norden fühlbar. Die Polen 
eroberten Mozyrz und begannen einen erfolgreichen Angriff auf 
Rzeczyca. Andauernde Ausfälle und Unternehmungen kleiner 
und mittlerer polnischer Abteilungen ließen sich an der ganzen 
Westfront bemerken. Alles wies darauf hin, daß wir vor dem Be¬ 
ginn einer polnischen Offensive stehen. Es war für uns eine Not¬ 
wendigkeit, von der Verteidigung zum Angriff überzugehen, um 
unsre Stellungen zu halten und die Polen daran zu hindern, unsre 
Hauptkräfte in uns aufgezwungene Operationen zu verwickeln. 
Aus diesem Grunde unternahmen wir am 14. Mai eine Offensive. 
Diese Offensive begannen wir, bevor noch alle unsre Kräfte 
versammelt waren. Die verspäteten Divisionen mußte man als 
Reserve betrachten. Gleichzeitig mußte man daran denken, daß 
der Erfolg unsrer ersten Offensive zur gegebenen Zeit unbedingt
	        
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