Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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sie in uns kennen gelernt haben, und wir kennen sie in uns nur so 
weit als wir ihre Modisicationen erfahren. Daher erkennen wir 
uns selbst nur durch innere Wahrnehmung: „pur sentiment 
in t er i cur “ *). 
5. Differenz zwischen Malebranche und Descartes. 
Es giebt keine Vorstellung und kein Bewußtsein, welches 
klar und deutlich alle möglichen Modisicationen des Denkens d. h. 
alle möglichen innern Erlebnisse umfaßt und erschöpft. Daher 
giebt es keine klare und deutliche Selbsterkenntniß. 
Aber es giebt eine Idee, die das Wesen der Körper klar und 
deutlich ausdrückt; daher läßt Malebranche den cartesianischen Satz 
nicht gelten, daß die Erkenntniß der Seele klarer sei als die des 
Körpers. Gehören zu der Natur der Seele nicht auch die Em 
pfindungen, die sinnlichen Qualitäten ? Aber daß diese in der That 
der Seele zukommen und Modisicationen des Denkens sind, schließt 
Descartes nur daraus, daß sie Modisicationen der Ausdehnung 
nicht sein können. Aus der Natur der Seele selbst leuchten ihm 
die verschiedenen Sinnesempsindungen keineswegs so unmittelbar 
ein, als aus der Natur der Ausdehnung die verschiedenen Figuren. 
Die Mathematik ist klarer als die Philosophie, ein deutlicher Be 
weis, daß die Natur des Körpers klarer erkennbar ist, als die der 
Seele. Wäre die Idee der Seele auch nur ebenso einleuchtend als 
die des Körpers, so müßte man aus jener mit derselben Leichtig 
keit und Evidenz die Empfindungen der Farben und Töne, der 
Kälte und Wärme u. s. f. herleiten können, als aus dieser die Fi 
guren des Dreiecks, Quadrats u. s. f. 
Wenn zwei Ideen gleich klar und dabei völlig verschieden sind, 
*) Rech. de la verite. Liv. III. Part. II chap. 7.
	        
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