Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

503 
*) Eth. Y. Axiom, I. II. 
Freiheit und Knechtschaft sind einander entgegengesetzt. Sie 
verhalten sich zu einander, wie Erkenntniß und Leidenschaft, wie 
adäquate und inadäquate Thätigkeit, wie Thätigkeit und Leiden, 
wie Action und Passion, wie thätige und leidende Affecte. 
Wir haben das Vermögen zu beiden. Wenn aber in demselben 
Wesen entgegengesetzte Thätigkeiten stattfinden, so geschieht noth 
wendig, was die Vereinigung entgegengesetzter Größen fordert: sie 
können sich nicht gegenseitig vertragen und unverändert neben einan 
der bestehen, sondern jede ist der negative Grund der andern; sie heben 
sich gegenseitig auf, sie vernichten sich gegenseitig, wenn sie gleich 
mächtig sind, und wenn sie es nicht sind, so siegt nothwendig die 
stärkere von beiden. Nicht beide Thätigkeiten bleiben wirksam, 
sondern entweder keine oder nur eine von beiden, bei welcher die 
größte Macht ist. Macht ist Causalität. Die Macht der Wir 
kung erklärt sich aus der Macht ihrer Ursache. Sind unsere Lei 
denschaften mächtiger als unsere Erkenntniß, so ist die nothwendige 
Folge die menschliche Knechtschaft. Ist unsere Erkenntniß mäch 
tiger als unsere Leidenschaften, so ist die nothwendige Folge die 
menschliche Freiheit. Das ist der Standpunkt, unter dem Spi 
noza die Freiheit begreift. Er begreift sie rein mathematisch, 
nach dem Gesetz der entgegengesetzten Größen; darum beginnt er 
den letzten Theil seiner Ethik, der von der Freiheit handelt, mit 
den beiden Grundsätzen: „wenn in demselben Subject zwei ent 
gegengesetzte Thätigkeiten sich geltend machen, so wird nothwendig 
entweder in beiden oder in einer allein eine Veränderung stattfin 
den müssen, bis sie aufhören, entgegengesetztzu sein." „DieMacht 
der Wirkung erklärt sich durch die Macht ihrer Ursache, da ihr Wesen 
durch das Wesen ihrer Ursache begriffen und erklärt wird*)."
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.