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turalistische, aus den Creaturen Gottes werden Modisicationen
Gottes*).
Diese Denkweise nähert sich offenbar dem Spinozismus.
Je mehr sich Geulinx genöthigt sieht, alle Wirksamkeit in Gott
zu concentriren, um so mehr muß er das Gebiet der Selbstthätig
keit in den Dingen einschränken, um so ohnmächtiger müssen die
Dinge selbst erscheinen; sie sind zuletzt nichts mehr sür sich, son
dern nur noch Wirkungen oder Modi Gottes.
III. Die occasionalistische Sittenlehre.
1. Das Princip der Ethik. Die Cardinaltugenden.
Theologie und Autologie vereinigen sich in demselben Punkt,
der die Richtung der Ethik bestimmt. Wir erkennen uns selbst
als Geschöpfe in der Gewalt Gottes, als von ihm abhängig und
von seiner Wirksamkeit durchdrungen. Diese Einsicht in unsere
gänzliche Abhängigkeit von Gott ist zugleich die Einsicht in unser
eigenes Unvermögen. Unsere Selbsterkenntniß stimmt mit der
Gotteserkenntniß in dem Satze zusammen: „ubi nihil vales, ibi
nihil velis.“ Von diesem Gedanken wird die Ethik beherrscht.
Aus diesem Satze, den ihr die Metaphysik übergiebt, wird die
Ethik eine Tugend machen, und diese Tugend wird von dem
Geiste der Entsagung erfüllt sein, der sich in der Lehre Spinoza's
entfalten wird in seiner freiesten und großartigsten Form.
Es bleibt für den sittlichen Endzweck des Menschen nichts
anderes übrig, als daß er seinen Willen und seine'Handlungs
weise in Uebereinstimmung bringt mit seiner Erkenntniß, daß er
bejaht was seine Vernunft ihm lehrt, daß er sich dieser Vernunst-
*) Metaph. P. III scient. II.