Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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2. Adäquate und inadäquate Erkenntniß. 
Die Wirkungen des Geistes sind die Ideen. Wenn es Ideen 
giebt, die bloß aus dem Geiste folgen, deren alleinige oder adäquate 
Ursache unsere denkende Natur ist, so würde gefunden sein, was 
wir suchen. Die Ideen, welche die Dinge vorstellen, wie sie sind, 
d. h. vollkommen klar und deutlich, nennt Spinoza adäquat; die 
unklaren und undeutlichen dagegen inadäquat. So lange wir 
nun in den Leidenschaften befangen sind, erfüllt von den Be 
gierden nach den Dingen außer uns, so lange stellen wir die Dinge 
nicht vor, wie sie sind, sondern wie wir sie begehren: unsere Ideen 
sind abhängig von unseren Begierden und Affectionen, d. h. sie 
sind unklar oder inadäquat. Unsere Begierden aber nach anderen 
Dingen außer uns sind verursacht sowohl durch uns als durch 
jene Dinge. Wir sind daher nur zum Theil die Ursache dieser 
Begierden, also auch nur zum Theil die Ursache jener inadäquaten 
Ideen, wir sind deren inadäquate Ursache; wir verhalten uns 
daher leidend, so lange wir unklar denken: der menschliche Geist 
leidet, sofern er unklare oder inadäquate Ideen hat. 
Die Ideen, welche bloß aus dem Geist folgen, können daher 
nicht inadäquate Ideen sein, sondern nur adäquate. Oder anders 
ausgedrückt: der Geist kann nie die adäquate Ursache sein der 
falschen Erkenntniß, sondern nur der wahren. Gesetzt den Fall, 
daß es ihm überhaupt möglich ist, vollkommen thätig zu sein oder 
als adäquate Ursache zu handeln, so wird deren Wirkung nur die 
wahre oder adäquate Erkenntniß der Dinge sein können. Die 
Freiheit also, von der allein geredet werden kann, d. i. die Freiheit 
von den Leidenschaften oder die Macht über dieselben, ist nur mög 
lich durch die Erkenntniß der Wahrheit. Mit dieser Freiheit 
fällt die Sittlichkeit zusammen. Die beiden Fragen, die noch vor
	        
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