Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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Y. 
Der Staat und das Individuum. 
1. Der Staat als Product der Einzelnen. 
Wenn wir nun den spinozistischen Staat mit der Natur des 
Menschen selbst vergleichen, so bleibt unter allen Verfassungsfor 
men seine Bedeutung für das menschliche Individuum dieselbe, 
und die Geltung des Staates wird in dieser Rücksicht nicht geän 
dert, ob seine Regierung aus Vielen oder Wenigen besteht, ob 
seine Gesetze mehr die Freiheit oder mehr die Sicherheit des Lebens 
berechtigen. Denn unter allen Umständen schließt der spinozistische 
Staat nur das geordnete Zusammenleben der Menschen in sich 
und sein Werth ist darum vollkommen erschöpft durch den Begriff 
der Gesellschaft. Wie sich das Individuum von der Gesellschaft 
unterscheidet, ebenso unterscheidet sich dasselbe vom Staat. Nun 
leuchtet ohne Weiteres ein, daß das gesellschaftliche und mensch 
liche Leben nicht ein und dieselbe Sphäre beschreiben, sondern daß 
jenes vielmehr einen Theil des letztem bildet. Es giebt Vieles, 
das ich nur mit Hülfe der Gesellschaft erreichen kann, die Be 
friedigung meiner äußeren Bedürfnisse, die Sicherheit meines 
äußern Daseins: in dieser Rücksicht gehört mein Leben ganz in 
die Sphäre des Staates und ich befinde mich unter dem Zwange 
seiner Gesetze. Es giebt Anderes, das ich entweder gar nicht ver 
mag oder aus mir selbst vollbringen muß, wobei ich weder unter 
stützt noch ersetzt werden kann durch ein anderes Individuum, 
sondern schlechthin auf die selbsteigene Kraft allein angewiesen 
bin: in dieser Rücksicht beschreibt mein Leben seine eigenthümliche 
Sphäre, die sich ihrer Natur nach von der gesellschaftlichen aus 
schließt. Gesellschaft und Individuum bilden gleichsam zwei
	        
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