Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

279 
Wesen fordert zahllose Attribute. In der Betrachtung Gottes 
soll unser Horizont nicht auf einen bestimmten Bezirk eingeschränkt, 
sondern sogleich ins Unendliche erweitert werden. Dieß geschieht 
durch die iniinita attributa. Jedes Attribut ist eine vollkommene 
Realität. Daher der Satz: je mehr Realität, um so mehr Attri 
bute*). Also müssen nothwendig dem Inbegriff aller Realitäten 
unendlich viel Attribute zukommen. 
Das Attribut drückt ewige und unendliche Wesenheit aus, 
jedes in seiner Weise. Diese Weise ist bestimmt; es sind daher 
auch andere Weisen möglich. Wäre Gott an gewisse Attribute 
gebunden, so wäre das Gebiet der Möglichkeit in Gott beschränkt, 
so wäre Gott nicht unendliche Macht, also auch nicht das unend 
liche Wesen. Es liegt in der Natur des Attributs, welches eine 
bestimmte Beschaffenheit hat, daß die unendliche Macht unendlich 
viel Attribute haben muß. 
Nun hebt Spinoza ttn Verlaufe seines Systems in der That 
immer nur zwei bestimmte Attribute hervor, unter denen er das 
Wesen Gottes darstellt. Hier droht ihm der Einwurf, daß er Gott 
durch die Zahl und Art der Attribute beschränkt und damit die 
Unendlichkeit Gottes verneint habe. Gegen diesen Einwurf schützt 
ihn von vornherein die Bestimmung der iniinita attributa. Er 
kann erwiedern, daß die zwei bestimmten Attribute eben nur zwei 
sind aus der zahllosen Wesensfülle Gottes. 
Wir haben erklärt, wie Spinoza zu der Bestimmung der 
zahllosen Attribute kommt, nicht was sie bedeutet. Jedes Attribut 
drückt unendliche und ewige Wesenheit aus; jedes ist, wie Spinoza 
in jenem Briese sagte, in seiner Art unendlich. Zahllose Attri 
bute sind zahllose Unendlichkeiten. Wie ist das möglich? 
*) Eth. I. Prop. IX.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.