Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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*) Epist. XXI (an Oldenburg). Op. I. pg. 510. 
das Christeuthum wie der Satz: der unendliche Raum sei diese 
einzelne Figur. 
Das christliche Dogma der Menschwerdung erscheine ihm, 
so drückt sich Spinoza charakteristisch genug aus, wie die Quadra 
tur des Kreises, denn es sei eben so unmöglich, daß Gott die Na 
tur des Menschen, als daß ein Kreis die des Quadrats annehme. 
Keiner Religion fühlt sich Spinoza verwandter in Rücksicht der 
Sittenlehre als der christlichen, und kein Dogma widerstreitet ihm 
mehr als das der Menschwerdung Gottes, dieses Grunddogma 
der christlichen Kirche. Denn es hat nicht, wie er meint, eine nur 
particulare Geltung. „Zu unserem Seelenheil," schreibt Spinoza, 
„ist es nicht durchaus nothwendig, Christus nach dem Fleische zu 
kennen; ganz anders aber verhält es sich mit jenem ewigen Sohne 
Gottes d. h. mit Gottes ewiger Weisheit, die sich in allen Dingen, 
am meisten im menschlichen Geiste, unter allen Menschen am mei 
sten in Jesus Christus offenbart haj. Ohne diese kann niemand zur 
Seligkeit gelangen, da sie allein lehrt, was wahr und falsch, gut 
und schlecht ist; und weil, wie ich gesagt, diese Weisheit am mei 
sten durch Jesus Christus offenbar gemacht worden, so haben seine 
Schüler sie verkündigt, so weit sie ihnen der Meister enthüllt hatte, 
und sie durften sich mit Recht vor allen übrigen des Geistes Christi 
rühmen. Indessen was jenes Dogma betrifft, welches einige Kir 
chen der apostolischen Lehre hinzufügen, daß Gott die menschliche 
Natur angenommen habe, so erkläre ich ausdrücklich, daß ich nicht 
weiß, was sie sagen; ja aufrichtig gestanden, sie scheinen mir eben 
so ungereimt zu reden, als wenn jemand zu mir sagte, daß der 
Kreis die Natur des Quadrats angenommen habe*)."
	        
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