Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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III. 
Die Unpersönlichkeit Gottes. 
1. Das vollkommen unbestimmte Wesen. 
Aus dem Begriff des unendlichen Wesens solgt mit mathe 
matischer Nothwendigkeit die unendliche Existenz, wie au§ dem 
Begriff des Raums die unendliche Größe. Wir würden den 
Raum verneinen, wenn wir sein Dasein auf eine bestimmte Figur 
einschränken und ihn nur in bestimmten Grenzen oder in gewissen 
Figuren gelten lassen wollten. Offenbar hat man keinen Begriff 
von der Natur des Raums, wenn man meint, eine Grenze fest 
setzen zu können, innerhalb deren der Raum existirt, jenseits deren 
er aufhört zu sein. Den Raum in dieser Weise determiniren 
heißt ihn verneinen. So ist jede Bestimmung des unendlichen 
datur — in rerum natura datur. Dieses Folgen ist nicht als zeit 
licher Act zu denken, sondern als ewiges Sein, wie die mathematischen 
Wahrheiten. Das göttliche agere ist seinem Begriff nach gleich esse; 
die göttliche Wirksamkeit ist das ewige Sein oder die ewige Nothwendig 
keit. Auf diesen Punkt muß nachdrücklich aufmerksam gemacht werden, 
denn er enthält die Ursache vieler Mißverständnisse. Indem man das 
Folgen der Welt aus dem Wesen Gottes als einer: besonderen Act oder 
als zeitliche Folge auffaßte, hat man die Lehre Spinoza's als Emana 
tionslehre gedeutet. Auch Paulus hat diese ganz falsche Vorstellung. 
Die Welt folgt aus Gott heißt hier nicht: sie emanirt, sondern sie ist. 
Spinoza berichtigt nicht umsonst in der obigen Stelle den Ausdruck 
a summa Dei potentia sive infinita natura omnia necessario 
effluxisse dadurch, daß er hinzufügt: vel semper eadem neces- 
sitate sequi. Er macht aus dem sinnlichen Begriff effluxisse den lo 
gischen sequi, und aus dem Persectum das Präsens. Die Welt ist das 
ewige Präsens, die einzelnen Dinge sind die fortwährenden Präterita.
	        
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