Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

wahr? Was ist gewiß? Spinoza sagt: ich habe Vieles für gut 
gehalten, von dem ich jetzt einsehe, daß es eitel und werthlos ist. 
Ich habe keinen Grund, von den sogenannten Gütern des Lebens 
eines für besser zu halten. Möglicherweise sind sie sämmtlich bloß 
Scheingüter. Möglicherweise ist Alles eitel und werthlos, das 
die Menschen zu begehren und zu wünschen gewöhnt sind. Was 
also ist gut? Was ist das wahrhaft Gute, das ächte und unver 
gängliche? 
Schon hier sehen wir, wie die Grundfrage bei Spinoza 
gleich in ihrer ersten und ursprünglichen Fassung die ethische 
Richtung einschlägt. 
Jedes Gut, das ich besitze, erzeugt in mir eine glückliche 
Empfindung, ist die Ursache meiner Befriedigung und Freude. 
Wenn es nun ein vollkommen ächtes und unverlierbares Gut 
giebt, wenn es möglich ist, ein solches Gut zu erwerben und zu 
besitzen, so ist die Befriedigung, die ich davontrage, ebenso 
dauernd und unzerstörbar, so ist meine Freude ewig. 
Es ist aber klar, daß dieses Gut nicht auf demselben Wege 
gefunden werden kann, auf dem die gewöhnlichen und vergäng 
lichen Güter des Lebens gesucht und erreicht werden. Es ist da 
her nicht möglich, jenes Gut und diese zugleich zu erstreben. 
Die Wege sind verschieden. Eines von beiden muß man entbeh 
ren: entweder das ewige Gut oder die vergänglichen, entweder 
das Gut oder die Güter. Welchen der beiden Wege man 
auch ergreift, so muß man dem andern entsagen; man muß sich 
zu dieser Entsagung entschließen, nachdem man sich dieselbe in 
ihrer ganzen Bedeutung klar gemacht hat. 
Es handelt sich also im Sinn Spinoza's nicht bloß um die 
Lösung einer Aufgabe, sondern um die Wahl einer Lebens 
richtung.
	        
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