Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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Spinoza'» Schriften und besonders für den jüngst erschienenen 
theologisch-politischen Tractat interessirte, den Philosophen einlud, 
nach Utrecht zu kommen, um die Bekanntschaft des Prinzen Condö 
zu machen. Als Spinoza von dieser Reise zurückkehrte, hatte sich 
im Haag das Gerücht verbreitet, er sei ein französischer Spion, 
der in verrätherischen Absichten mit dem Feinde des Landes heim 
liche Unterhandlungen pflege. Schon hörte man die Terroristen 
sagen, man müsse ihn umbringen. Sein Hauswirth van der 
Spyck war in der größten Sorge, daß seinem Hause ein Pöbel 
sturm bevorstehe. Der Einzige, der ruhig blieb und ihn tröstete, 
war Spinoza. „Fürchten Sie nichts,^ sagte er; „sobald das 
kleinste Geräusch sich an der Thür Ihres Hauses bemerkbar macht, 
werde ich herausgehen und geradezu unter die Leute treten, wenn 
sie mich auch ebenso behandeln sollten, als die armen Gebrüder 
Witt. Ich bin ein guter Republikaner und habe stets nur den 
Ruhm und Vortheil des Staats im Auge gehabt." 
8. Ernst und Schwermuth. Die Verwerfung der 
Heuchelei. 
Der Kern und Inhalt seines Lebens waren seine einsamen 
und tiefen Meditationen. Auch darin zeigte sich dieser unabhän 
gige Geist, daß ihn die eigenen Gedanken weit mehr als fremde 
beschäftigten und er daher wenig las. Wenn er in der Stille 
seines Studirzimmers allein mit seinen Gedanken sein konnte, 
war Spinoza ganz er selbst. Da war er glücklich und frei. Die 
Einsamkeit gehörte zu seiner Natur. Ost blieb er Tage lang, 
ohne jemand zu sehen, ohne auch nur sein Zimmer zu verlassen. 
Seine philosophischen Arbeiten schrieb er zum größten Theil wäh 
rend der Nacht. 
In diesem Manne war der Geist seiner Lehre völlig perso-
	        
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