Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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rechnet, günstiger gesinnt ist. Auch werden Sie die vollste Frei 
heit zu philosophiren haben und diese Freiheit nach dem Vertrauen 
des Fürsten nicht mißbrauchen zur Störung der öffentlich gelten 
den Religion. Ich füge nur noch hinzu: wenn Sie hierher kom 
men, so werden Sie sich eines ächt philosophischen Lebens er 
freuen; es müßte denn Alles anders ausfallen, als wir hoffen 
und erwarten." 
In der That kam die Sache anders; denn Spinoza lehnte 
den Ruf ab. Er antwortete den 30. März 1673: „Wenn ich 
jemals den Wunsch gehabt hätte, ein akademisches Lehramt zu 
übernehmen, so hätte ich kein anderes wünschen können, als 
welches Seine Durchlaucht der Kurfürst von der Pfalz mir durch 
Sie anbietet, besonders wegen der Freiheit zu philosophiren, die 
mir der Fürst einzuräumen geruht, um davon zu schweigen, daß 
ich mir schon längst gewünscht habe, unter der Herrschaft eines 
Fürsten zu leben, dessen Weisheit die Welt bewundert. Da ich 
nun aber niemals die Neigung gehabt habe, öffentlich zu lehren, 
so kann ich mich nicht dazu entschließen, diese vorzügliche Gele 
genheit zu ergreifen, obwohl ich die Sache lange bei mir erwogen 
habe. Mein erstes Bedenken ist, daß ich der Fortbildung der 
Philosophie entsagen muß, wenn ich meine Zeit dem Unterricht 
der akademischen Zugend widme. Dann ist ein zweites Beden 
ken, daß ich nicht weiß, in welche Grenzen jene Freiheit zu phi 
losophiren eingeschlossen sein soll, damit man nicht meine, daß 
ich die öffentliche Religion stören wolle. Denn der Zwiespalt 
entspringt nicht aus dem feurigen Eifer für die Sache der Reli 
gion, sondern aus den mannigfachen Leidenschaften und dem zank 
süchtigen Eifer der Leute, die Alles, auch das richtig Gesagte, zu 
verkehren und zu verdammen pflegen. Da ich alle diese Erfah 
rungen schon in meinem privaten und einsamen Leben gemacht
	        
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