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jahrs aufliefen, wurden pünktlich mit dem Tage bezahlt. Auch
seine Kleidung war arm und eher vernachlässigt als gepflegt.
Wer sorgenfrei sein will, muß bedürfnißlos sein können.
Spinoza hatte sein Leben auf das kleinste Maß menschlicher Be
dürfnisse zurückgeführt und dadurch fähig gemacht, sich ganz der
Erkenntniß der Wahrheit hinzugeben. Was er sich in der That
sparen wollte, war nicht Geld, sondern Bedürfnisse und Sorgen,
die den Geist gefangen nehmen und in einen 'elenden Zustand
bringen. Seine Lebensart war die richtige Methode, um die Ge
müthsruhe zu sichern und sich in kürzester Form mit der Welt
abzufinden.
5. Stillleben.
In dem Verkehr mit seinen Hausgenossen war er freundlich
und sanft, theilnehmend an ihren Schicksalen, keinem jemals
lästig, in seinen Gesprächen mild und friedfertig. Zn diesem
Sinne liebte er es, mit seinen Hausfreunden bisweilen über die
Sonntagspredigt zu sprechen, die sie gehört hatten. Die Haupt
sache in der Religion sei ein frommes, friedfertiges und ruhiges
Leben. Aus diesen Satz kam er gern zurück und ließ im Uebrigen
die Glaubensvorstellungen der Anderen unangefochten.
Ich gebe mit den Worten des Colerus ein kleines Bild seines
häuslichen Stilllebens. „Er blieb den größten Theil des Tages
ruhig auf seinem Zimmer. Wenn er sich bisweilen von seinen
tiefen Meditationen zu ermüdet fand, so kam er herunter, um
sich zu erholen, und sprach mit den Hausgenossen von den ge
wöhnlichsten Dingen, selbst von Kleinigkeiten. Manchmal zer
streute er sich bei einer Pfeife Taback, oder wenn er sich eine et
was längere Erholung gönnen wollte, so sing er Spinnen, die er
mit einander kämpfen ließ, oder Fliegen, die er in ein Spinnen-