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noza's geschrieben. Um sich ökonomisch noch mehr einzuschränken
als das Leben in der Pension ihm erlaubte, zog er in das Haus
des Malers van der Spyck (1671), wo er selbst seinen kleinen
Haushalt besorgte. Hier ist er bis zu seinem Tode geblieben.
Kehren wir jetzt zu der Bildungsgeschichte des Philosophen
zurück, die wir in ihrem jüdischen Verlaufe kennen gelernt haben.
V.
Spinoza's philosophische und lateinische Bildung.
1. Das Studium Descartes'.
Wir können nicht genau bestimmen, in welchem Zeitpunkte
Spinoza mit den Werken Descartes' bekannt wurde. Gewiß ist,
daß er in der Rhynsburger Zeit bereits über den Meister hinaus
gegangen und mit dem Hauptwerk der eigenen Lehre beschäftigt
war. Schon im Jahre 1661, also in der ersten Zeit seines Auf
enthalts in Rhynsburg, schickte er seinem Freunde Heinrich Ol
denburg in London ein Bruchstück der Ethik. Und zwei Jahre
später finden wir, daß einer seiner jüngeren Freunde in Amster
dam, Simon Vries, die Ethik in der Handschrift liest*).
Nehmen wir nun an, daß offenbar mehrere Jahre nöthig
waren, um Descartes zu studiren, zu durchdringen, selbst den
höheren Standpunkt zu gewinnen und auszubilden, so werden
wir nicht zu weit zurückgreifen, wenn wir den Anfang seiner
cartesianischcn Studien in die letzte Zeit der rabbinischen verlegen
und dem Zerwürfniß mit der Synagoge voraussetzen. Bloße
Zweifel, die in ihm aufgetaucht waren, hätten ihm den Rabbinen
*) Epist. II (an Oldenburg). Epist. XXVI (non Simon
Vries).