Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

Joseph Ramherger, 19 Jahre alt, hat ei¬ 
nen starken ziemlich großen Körperbau, und ist da¬ 
bey außerordentlich gutmüthig und kindlich. Mit 
freundlicher Liebe gibt er sich auch jetzt noch mit den 
kleinsten taubstummen Kindern ab, duldet mit Wohl¬ 
gefallen ihre kleinen unschuldigen Neckereyen, und 
macht diese für sie zum Gegenstände der Unterhaltung 
und Belehrung. Durch seine gespannte Aufmerk¬ 
samkeit auf den Unterricht, und »„ermüdeten Fleiß, 
machte er bey nicht ungünstigen Talenten, im Schrei¬ 
ben, Lesen, und in anderen nützlichen Gegenständen, 
nicht unbedeutende Fortschritte. Auch in Ansehung 
seiner moralischen Eigenschaften, ist er jeder Empfeh¬ 
lung würdig. Seine Frömmigkeit, Redlichkeit und 
Treue, sein unermüdeter Fleiß bey der Arbeit t ge¬ 
winnen ihm die Liebe und Achtung aller, die ihn nä¬ 
her kennen. Er ist gegenwärtig Schustergesell, und 
verdient sich durch Arbeit sein Brot. Sein Herr 
hatte nie Ursache , über ihn zu klagen, sondern ge¬ 
stand öfters freymüthig, daß ihm dieser Taubstumme 
der liebste unter allen Lehrjuugen sey, die er je in 
feiner Lehre hatte. Zum Sprechen hat er jedoch nicht 
die geringste Anläge, und unerachtet aller angewand¬ 
ten Mühe, konnte er nie zur deutlichen Aussprache 
eines einzigen Wortes gebracht werden. 
Ich würde zu weitläufig werden , wenn ich diese 
Schilderung der einzelnen Charaktere, der in der 
Reitterischen Lehranstalt gebildeten Taubstummen, 
noch feruers fortsetzen würde. Diese wenigen Bey¬ 
spiele geben schon den Beweis, daß diese armen un¬ 
glücklichen Kinder zu einem hohen Grade der Gei¬ 
stescultur erhoben, und wie alle anderen hörcnden 
und redenden Kinder zur bürgerlichen Brauchbarkeit