Volltext: Im Lenz geknickt

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Seine Liebesleidenschaft erreichte im Sommer 1876 
ihren Höhepunkt. Er schrieb mir unterm 19. Juni nach 
Ischl: „Mir ist seit Geraumem wieder so elend ums 
Herz, wie schon lange nicht. Ich dachte schon über meine 
ganze unglückliche Liebesgeschichte weggekommen zu sein 
an der Hand des Studiums, als ich plötzlich fand, daß 
es nur vollkommen zeitgemäß sei zu citiren: „O, wähne 
doch Niemand, er könne entfliehn dem Dämon im eigenen 
Herzen!" Du siehst, ich versuche es, mich selbst zu per- 
sifliren —■ und es will mir doch spottschlecht gelingen. 
Was mag Schuld daran sein? Ich bin mir selbst ein 
psychologisches Räthsel. Ich liebe mit einer Glut, einer 
Sehnsucht und habe doch nicht die Kraft, einen ent¬ 
scheidenden Schritt zu thun. Die Fehler in der Er¬ 
ziehung rächen sich eben bitter. Ich war zu lange un¬ 
selbständig, mußte zu lange an der Rockfalte meiner 
Mutter hängen, hatte nie meinen eigenen Willen — und 
habe also auch jetzt nicht jene Thatkraft, jene Energie, 
die mir nöthig wäre. Vielleicht, wenn mich Verzweif¬ 
lung treibt, finde ich noch einmal den Muth, sie an¬ 
zusprechen und wie jener blöde Junge im Gedicht zu 
fragen: „Ob nicht heute Sonntag sei?" Und schon am 
24. Juni schrieb er mir wieder und fügte einem Briefe 
voll geistreicher Bemerkungen über seinen Zustand ein 
Blatt aus seinem (leider ebenfalls unauffind¬ 
baren) Tagebuch bei, das mich erschütterte. Ich 
schalte es ganz hier ein, denn es ist wert, gelesen zu 
werden: 
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