Volltext: Im Lenz geknickt

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V. 
Es war nun bald Jahreszeit, daß sie den Willibald 
und den alten Fürchtegott Lebrecht Behaim versenkt hatten 
in das kühle Erdreich auf Unserer lieben Frauen Kirch¬ 
hof, und über einem kaum nlerkbaren Hügel außen an 
der Mauer waren die ersten Nesseln verdorrt. 
Der Jänner war ins Land gezogen mit Frost und 
Schneesturnl. Am Vorabende des Festes der heiligen Drei¬ 
könige war es, als ein Mann auf der Straße, die von 
Linz herführt, bcm Städtchen zuwanderte. Sein Antlitz 
war bleich und tiefe Furchen d'rin sprachen von mancher in 
Thränen durchwachten Nacht. Ein tiefschwarzer Bart 
verhüllte die untere Partie des Gesichtes. Aber wie jetzt 
der letzte röthliche Strahl der scheidenden Sonne durch 
die langen Streifen der grauvioletten Wiuternebel brach, 
die unbeweglich am westlichen Horizonte lagerten, und die 
Gestalt heller beleuchtete, da glänzte mancher Silberfaden 
auf, der sich in Haupt und Barthaar des Fremden lockte. 
Und er schien doch noch jung, wenigstens jetzt, wo sich 
das sprühende Auge voll öffnete; und jetzt, da sich die 
Lider senkten und Lebensmüdigkeit auf den schlaffen Zügen 
lag, jetzt wieder schien's, als wäre ein halbes Jahr¬ 
hundert über seinen Scheitel gezogen. Oder hatte der 
Kummer an seinem Lebensmark gezehrt, der bittere Gast, 
der in der Hälfte der Frist vollbringt, was wechselnder 
Jahre Reigen nicht vermocht? 
Müd war der Schritt des Fremden, als hätte sein 
Fuß eine große Strecke Weges bereits zurückgelegt. Als 
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