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Der Entente-Ansturm im Herbst 1916
Die Sommeschlacht war durch die Entente mit einer ungeheuren Über
legenheit auf der Erde und in der Luft begonnen worden. Der O.H.L. war es
nicht geglückt, die feindliche Überlegenheit an Artillerie, Munition und Fliegern
auch nur einigermaßen auszugleichen. Die Entente hatte sich immer weiter
in die deutschen Linien hineingearbeitet. Wir hatten viel Menschen und Gerät
verloren. Der Verbrauch an physischer, und seelischer Kraft war unermeßlich.
Die Munition wurde immer knapper. Die O.H.L. bekam sie vom Kriegs-
minifterkum in Form von Munitionszügen. Ich habe diese selbst täglich auf
die Armeen verteilt. Ich erfuhr, was sie haben wollten, und wußte, was ich
geben konnte. Es war eine überaus traurige und auch menschlich qualvolle
Aufgabe.
Die Verhältnisse an der Westfront waren in einer Weise gespannt, wie
ich es nicht vermutet hatte, aber ich übersah sie noch nicht einmal in ihrer
vollen Schärfe.
Der Generalfeldmarschall und ich beabsichtigten, sobald als möglich nach
dem Westen zu fahren, um die Verhältnisse an Ort und Stelle zu prüfen.
Unsere Aufgabe war, die Verteidigung straffer zu organisieren und zu helfen.
Vorher aber wurden noch Divisionen gegen Rumänien bereitgestellt und von
Seiner Majestät der schwerwiegende Befehl zur Einstellung des Angriffs auf
Verdun erwirkt.
Auch an der italienischen Front hatte sich die Lage verschlechtert. Im
Norden waren die k. u. k. Truppen auf die Höhen nördlich Asiago-Arsiero
zurückgegangen, am Jsonzo Görz und ein Teil der Karsthochlläche von Doberdo
, in den Besitz der Italiener gekommen. Auch hier hatte die k. u. k. Armee
an Kampfkraft und Kampfwillen Einbuße erlitten.
Der Generalseldmarschall Prinz Leopold von Bayern hatte die deutsche
Ostfront übernommen. Wir sahen den weiteren Kämpfen dort mit gewisser
Ruhe entgegen. Dagegen hatte die Front weiter südlich noch keinen Halt
gewonnen.
Nach der Kriegserklärung Rumäniens gewannen die Karpathen andere
Bedeutung. Die Umfassung unseres Südflügels hatte jetzt in ganz Rumänien
eine breite Ausgangsbasis und konnte ungemein wirkungsvoll werden.
Österreich-Ungarn hatte zum Schutze seiner rechten Flanke und Sieben
bürgens im Frieden und Kriege nichts getan. Das Bahnnetz war dürftig,
die Leistungsfähigkeit der wenigen Strecken überaus gering. Befestigungen
waren nicht angelegt, um Rumänien nicht zu „reizen". Dagegen hat Öster
reich-Ungarn ruhig zugesehen, wie es auf siebenbürgischem Boden, hart an der
Grenzlinie, Werke schuf.
Schwache Truppen wurden im letzten Augenblicke dort hingeworfen und
auch aus Bergwerksarbeitern Bataillone gebildet. Es klaffte aber überall eine
gähnende Leere. Im Norden schoben sich russische, im übrigen rumänische
Truppen über die Grenze der Moldau und Walachei bis hinab zur Donau
nach Siebenbürgen und Ungarn hinein vor. Die wichtigen Gebirgsübergänge
fielen ohne Schwertstreich in feindliche Hand. Blieben die Rumänen in un
unterbrochenem Vormarsch, so trafen sie das Herz Ungarns und unsere Ver
bindungen nach der Balkanhalbinsel. Wir waren besiegt.
Es trat an uns die mühevolle Aufgabe heran, die Fronten im Westen
und Osten gegen alle feindlichen Angriffe zu halten und gegen Rumänien zu
einem Aufmarsch zu kommen, der die Verteidigung gewährleistete und den