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Jeder kennt die moralischen Wirkungen des Überfalls,
des Seiten- und Rückenangrijfs, Jeder schätzt den Muth
des Gegners geringer sobald er den Rücken gewandt hat,
und wagt ganz anders beim Verfolgen als beim Verfolgt¬
werden. Jeder beurtheilt den Gegner nach dem Ruf sei¬
ner Talente, nach seinen Jahren und seiner Erfahrung,
und richtet sich darnach. Jeder wirft einen prüfenden
Blick auf den Geist und die Stimmung seiner und der
feindlichen Truppen. Alle diese und ähnliche Wirkungen
im Gebiete der geistigen Natur haben stch in der Erfah¬
rung erwiesen, sind immer wiedergekehrt, und berechtigen
dadurch, sie in ihrer Art als wirkliche Größen gelten zu
lassen. Und was sollte wohl aus einer Theorie werden, in
der man sie unbeachtet lassen wollte?
Aber freilich ist die Erfahrung ein nothwcndiger
Stammbrief dieser Wahrheiten. Mit psychologischen und
philosophischen Klügeleien soll stch aber keine Theorie be¬
fassen, und kein Feldherr sich befassen.
Hauptschwierigkeit der Theorie des Kriegführens.
Um die Schwierigkeit der Aufgabe, welche in einer
Theorie der Kriegführung enthalten ist, deutlich zu über¬
sehen, und daraus den Charakter ableiten zu können, den
eine solche Theorie haben muß, müssen wir auf die Haupt-
eigenthümlichkeiten, welche die Natur der kriegerischen Thä-
tigkeit ausmachen, einen nähern Blick werfen.
Erste Eigenthümlichkeit: geistige Kräfte und Wirkungen.
lDas feindselige Gefühls
Die erste dieser Eigenthümlichkeiten besteht in den
geistigen Kräften und Wirkungen.
Kampf ist ursprünglich die Äußerung feindseliger