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Zur rechten Seite, im Hintergrund unseres Felsab
schnittes, ragt ein runder Kogel. Von allen Seiten iso
liert, feindlicher Sicht preisgegeben. Bis zur Höhe
grüne Almen, nahe am Gipfel ein einsamer Berghof.
Freundlich glänzt das graue, steinbeschwerte Schin
deldach zu uns her.
„Beim Laninger“ heißt das Gehöft. Wohl von den
Lawinen, die in föhndurchjauchzten Vorfrühlings
nächten ringsum donnernd herniedersausen zu Tal.
Der Bauer ist eingerückt. Hockt als Standschütz
irgendwo in einer Bergstellung. Sein junges Weib ist
gesegneten Leibes, erwartet bald ihre Niederkunft.
Eine alte, weißhaarige Magd betreut sie. Ich hab sie
einmal gesehen, als ich beim Haus vorbeikletterte.
Scheu, gedrückt schien sie mir, von jenem unverkenn
bar romanischen Typus, wie man ihn häufig findet
auch im deutschen Süden des Landes. Ihre großen,
traurigen, brennenden Augen sind mir damals aufge
fallen.
Ich spähe aus dem gesicherten Unterstand nach
vorn auf die feindliche Stellung.
Richte den Trieder wieder zurück auf das einsame
Bauernhaus. Heller, klarer ist’s geworden, der Föhn
hat die schwarzen Wolkenfetzen übers Joch getrieben.
Aus dem rußgeschwärzten Schornstein des Hauses
steigen kerzengerade Rauchsäulen in die Luft. Sin
nend betrachte ich die bläulichen Schwaden. Wie an-'
heimelnd das ist, wenn sie „einkenten“, anfeuern in
so einem Berghof! Zuerst das Strauchwerk, die Taxen,
hierauf große harzduftige Scheiter, die krachend,