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Der Name war mir nicht fremd. Sein Träger, Groß
kaufmann, hatte gleich zu Kriegsbeginn bedeutende
Heereslieferungen erhalten. Mochten sie noch so um
fangreich sein, er hatte sie, auch unter unvorherge
sehenen Transportschwierigkeiten, bisnun zur voll
sten Zufriedenheit unseres Intendanzchefs in rei
bungsloser Weise zu tätigen verstanden.
Ich gab dem Unteroffizier das Zeichen, der Besuch
möge eintreten.
Herein schritt ein wohl schon siebzigjähriger Jude
mit wallendem Patriarchenbart, in seidenem Kaftan.
Sein Gesicht zeigte jenen nachdenkenden Ernst, wie
er den kultivierten Vertretern dieser uralten Rasse
eigen ist. Der Greis verbeugte sich mit der Würde des
gebildeten Großhandelsmannes und richtete den Blick
seiner dunkelbeschatteten Augen auf mich. Trotz
offensichtlicher Ruhe merkte ich in seiner Miene das
nur mühsam verhaltene Zucken vibrierender Ner
vosität.
Auf meine fragende Haltung begann Herr Simon
Konschew leise, doch mit hörbarer Erregung im Un
terton:
„Geruhen Euer Hochwohlgeboren, mich in wich
tigster Angelegenheit unverzüglich zu Seiner Hoheit,
dem Generalissimus, führen zu wollen! 44
Erstaunt faßte ich den alten Juden ins Auge. War
der übergeschnappt? Was wollte er bei Seiner Kaiser
lichen Hoheit, dem Armeeoberkommandanten?
„Wo denken Sie hin, lieber Simon Konschew 44 ,
winkte ich lächelnd ab. „Unser Oberster Befehlshaber