Mannequin der Firma Rousselle und Sohn“ — wie
mein Referendar sich ausgedrückt hatte!
Der Anzeige entnahm ich dann folgendes: „Der Po
lizei war es schon lange aufgefallen, daß die Pari
serin 6 , in Wahrheit die einstige Pensionärin eines an
rüchigen Hauses in Straßburg, sich mit Vorliebe an
höhere Offiziere und Beamte der Stadt ,anschlän
gelte 6 . Anfangs dachte man bloß an geheime Galan
terie. Doch als eines Tages von einem Stabsoffizier
ein wichtiger Dienstbehelf, der auf seinem Schreib
tisch gelegen hatte, unmittelbar nach dem Besuch der
schönen Loulou vermißt wurde, nahm der Verdacht
eine bestimmtere Richtung. Durch geschickte, unauf
fällige Überwachung gelang es bald, hinreichendes
Belastungsmaterial zu sammeln, um zur Verhaftung
der Verdächtigten schreiten zu können. Und bei der
Haussuchung in ihrer Wohnung fand man eine ge
radezu erdrückende Fülle militärischer Notizen,
meist auf kleine, unscheinbare Zettel geschrieben,
mit Rechnungen über gelieferte Kleider vermengt.
Es bestand demnach kein Zweifel mehr, daß Lou
lou nicht bloß ein in der Kolmarer Lebewelt erfolg
reicher Mannequin, sondern in noch viel höherem
Grade eine staatsgefährliche Spionin war.
Trotz ihrer dramatischen Unschuldsbeteuerungen
mußte sie daher dem Divisionsgericht überstellt
werden.