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Mit immer gleicher Gottergebenheit nahmen die
beiden Schwestern den ablehnenden Bescheid auf. So
fuhren sie, von meinem Kundschafteroffizier be
gleitet, ab.
Ich sah sie nicht wieder. Aber hörte nach einigen
Wochen eine ganz absonderliche Geschichte über sie.
Die zwei hübschen Klosterfrauen waren bei dem
etwas weiter rückwärts gelegenen Kommando ein
getroffen. Dort wurden sie mit größter Zuvorkommen
heit aufgenommen. Erwiesen sich im Pflegedienst als
wahre Engel, so unermüdlich und demütig, daß sie
unbedingt jedwede persönliche Hilfeleistung für sich
ablehnten. Alles, bis zu den Ordonnanzen und Offi
ziersdienern, war natürlich sofort verliebt in sie. Einer
der Leutnants so sehr, daß er in seinem Liebeskoller
den Verstand verlor — und eine der Schwestern, als
sie des Abends allein in die Baracke trat, stürmisch
umarmte und küssen wollte. Da zeigte sich, daß die
Überfallene, sonst die Demut selbst, über Körper
kräfte verfügte, die man einem so lieblichen Wesen
nie zumuten konnte. Sie wehrte den allzu Begehrlichen
mit einer Muskelkraft ab, daß er sich unter ihren zu
packenden Griffen nicht rühren konnte. Aber dann
bewies die schöne Schwester sogleich wieder ihre ver
zeihende Nächstenliebe. Als das versuchte Attentat
durch Zufall verraten wurde, entlastete sie ihren Be
dränger und erbat sich als Gnade, daß ihm daraus
keine ehrenrätlichen oder kriegsgerichtlichen Folgen
erwachsen mögen. Der ebenso natürlich wie unritter
lich Entgleiste wurde trotzdem aus seiner Stellung ab