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Er kam nach fast zwanzigjährigem Kolonialdienst
nach Frankreich, war seiner Heimat und den jetzigen
Verhältnissen ganz entfremdet. Als ich dem ehrlichen
Offizier im geschlossenen Halbcoupe gegenübersaß,
da durchfuhr mich blitzschnell ein Gedanke: Die Ge
legenheit ist da! 66
Ein Krampf in der Kehle hinderte den Liegenden
am Weiterreden. Ich stierte ihn an. Verstand aber
jedes Wort, das er nur noch zu lispeln vermochte:
„Während unseres Plauderns aß ich Schokoladen
bonbons. Tauschte dann die Bonbonniere unbemerkt
gegen eine ganz gleiche, bot dem Capitaine Jeabeot
davon. Darin waren aber Bonbons, die ein sofort wir
kendes Gift enthielten. Lachend schob er eines in den
Mund — und sank binnen wenigen Minuten auf dem
gepolsterten Sitz zusammen. 44
Der Sterbende atmete schwer. „Und? 44 zischte ich
in höchster Erregung.
„Das Weitere war ganz einfach 44 , hauchte er. „Das
Halbcoupe hatten wir, um im Schlafen nicht gestört
zu sein, gegen ein gutes Trinkgeld und mit Einver
ständnis des Schaffners von innen versperrt. Mit
Muße konnte ich also den toten Offizier und mich
entkleiden. Konnte seine Uniform anziehen, alle seine
Papiere zu mir stecken, der Leiche aber meinen An
zug überziehen, in dessen Taschen natürlich auch
meine Dokumente blieben. 44
Das Gesicht des Sterbenden verzerrte sich zur höh
nischen Fratze: „So wurde ich — ich der Kundschaf
teroffizier— erfuhr dienstlich die geheimsten Befehle