Volltext: Hier spricht der Feind

Ein Deutscher wir- gefangen 
Aus den Werk; „L'äme Fran^aise et l'&me 
Allemande-Leit res de Sold ats“ Von Jacques 
Riviere. Verlag Attin g e r Fr & r e s, Paris. 
Wir sollten einen deutschen Posten erkunden. Gegen 11 Uhr nachts machten wir 
uns aus und brauchten eine halbe Stunde, um 30 Meter vor unsern Graben zu 
kriechen. Zehn Meter vom deutschen Graben entfernt, folgten wir den Drähten 
und sahen plötzlich einen deutschen Soldaten im Dunkeln auf und ab gehen und 
seinen Posten beziehen, wobei er zwischen den Zähnen pfiff. Ich merkte mir die 
Stelle genau, und wir kehrten um. Als wir die halbe Strecke zurückgelegt hatten, 
hörten wir neben uns jemand kriechen. Der Bursche war allein, wir legten uns 
zu zweien platt auf die Crde und ließen ihn auf einen Meter Entfernung an uns 
vorbeikriechen. Er näherte sich dem deutschen Posten und sagte leise: „Schwartz! 
Schwartz!" Die beiden plauderten leise miteinander, dann kam der Bursche wieder 
an uns vorbeigekrochen. Ich bat den Sergeanten, zu meiner Verteidigung liegen- 
zubleiben, kroch einige Meter zu dem Posten zurück und hielt. Ich schwitzte schon 
wie ein Mensch, der eine Stunde lang gelaufen ist. Ich habe nie Furcht im Kriege 
gehabt, das schwöre ich. Im Kampf habe ich mich immer erstklassig gehalten. 
Aber in diesem Augenblick fühlte ich die ganze Schwere meines Unterfangens. 
Eine Sekunde Schwäche bedeutete den Tod ohne Phrase, mehr als hundert Ge¬ 
wehrschüße aus nächster Nähe. Ich bot mein Leben und mein zukünftiges Glück 
zum Opfer, ich sagte mir: „Ich kann nicht mehr zurück, ich werde meine Pflicht 
bis zum äußersten erfüllen! Cs wird mir gelingen!" 
Ich griff langsam in meine Tasche nach meinem Rumfläschchen und leerte es mit 
einem Schluck. Mein Bajonett, das ich in der Linken hielt, ließ ich fahren, da 
ich es hier nicht brauchen konnte. Ich nahm meinen Revolver in die Rechte, sicherte 
das Schloß und faßte den Lauf fest mit der Hand, den Kolben nach vorne. Bar¬ 
häuptig kroch ich noch einen Meter weiter. Da ich bemerkt hatte, daß der deutsche 
Posten das erstemal vorgetreten war, nachdem er sein Gewehr an einen Baum 
gelehnt hatte, fing ich an, aus einer Entfernung von einigen Metern leise zu 
rufen: „Schwartz! Schwartz!" Ich fühlte einen Freudenschauer, als ich den 
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