Volltext: Hier spricht der Feind

Sogar das Fahrrad erscheint wieder an den Hauptverkehrsadern, man sieht darauf 
die bekanntesten Pariser Persönlichkeiten, und sogar, ihrer requirierten Automobile 
beraubt, unsere bekanntesten Pariserinnen. Das Publikum ist ruhig, 
friedlich, gefaßt. Von allen Pasianten hat jeder und jede irgendein teures 
Wesen, von dem man sich plötzlich trennen mußte und um dessen Schicksal man 
beunruhigt ist. Jeder auf der Straße ist sehr höflich, man beeilt sich, die geringste 
Auskunft, die nötig ist, zu erteilen. Dieses Wort einer kleinen Midinette ist 
authentisch und berechtigt: „Wie gut erzogen die Männer in der Metro seit der 
Mobilmachung doch sind!" ... 
Die Fahnen, die an den Häusern flatterten, brachten auch die Zivilisten auf den 
Gedanken, sich ihrerseits auf ihre Art zu „beflaggen". Außer den Reservisten, 
die mit Spezialmisiionen beauftragt waren, trugen plötzlich die Post- und 
Telegraphenbeamten, die Stadt- und Staatsbeamten blaue, rote und grüne Arm¬ 
binden; der Mißbrauch besonders der Armbinde mit dem Roten Kreuz wurde 
so stark getrieben, daß soundso viele, die sie unberechtigterweise trugen, gestellt 
und mit Strafen bedroht wurden, ohne daß man übrigens einen Erfolg wahr¬ 
nehmen konnte ... 
In gewissen Momenten belebt sich das jetzt so tote Paris auf einzigartige 
Weise. Dann marschiert ein Regiment auf den Bahnhof. Die Leute singen, 
mit freudigen Augen, festlichen Herzens, Gewehre und Kanonen find mit Blumen 
geschmückt, und die Bevölkerung grüßt begeistert die Offiziere, die mit dem 
Säbel salutieren. 
Aber im allgemeinen kannte Paris in den ersten Juli- und Augusttagen nicht 
diese begeisterten Amzüge, diese überschäumende Freude, die die Abfahrt der 
Truppen im Jahre 1870 charakterisierten. Die Öffentlichkeit, des Sieges gewiß, 
wußte, daß er teuer erkauft werden mußte. Die Teilnahme von England, der 
edle Widerstand Belgiens, überreizten keineswegs die vernünftige Gesinnung der 
Bevölkerung, die oft viel richtiger sieht als die Politiker. Unglücklicherweise 
beobachteten die offiziellen Kommuniques, die anfangs von Menschen mit 
sicherlich guten Absichten, aber ohne Mäßigung und wünschenswerte Objektivität 
ausgefertigt wurden, nicht diese kluge Zurückhaltung ... 
Der Desuch öer „Tauben" 
Jedermann in Paris war gefaßt auf die Abreise der Regierung, und man konnte 
feststellen, daß während des Tages, an dem ihre Übersiedlung nach Bordeaux 
offiziell bekannt wurde, fast niemand daran dachte, sich darüber aufzuregen oder 
auch nur davon zu sprechen. Alle Unterhaltungen drehten sich um die Parade 
der Marokkaner, um die Schanzarbeiten und um den täglich eintreffenden Besuch 
der deutschen Flieger. 
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