Volltext: Hier spricht der Feind

vergast 
Aus dem Werk:Plateau Zero tambour Cent ** 
Von Paul Toinet. Verlag Berger-Levrauli, Paris. 
Wir lagen seit einem Monat in Stellung im südlichen Elsaß, tauschten von Zeit 
zu Zeit Kanonenschüße mit den Deutschen aus, die wir uns gegenseitig zu- 
maßen, mehr um Lärm als um Übel zu stiften. Da, vor 8 Tagen, in der Ruhe und 
dem Frieden eines Sonntagnachmittags, den man hier kennt und feiert, hörten 
wir plötzlich das rasche, dünne Pfeifen der 7,5, und sechs Geschosse fielen in die 
Batterie; unmittelbar hinter ihnen kamen wieder sechs und dann nochmal sechs 
an. Aber keine Detonation sollte den Punkt zu diesen Ausrufungszeichen bilden; 
die Geschosie schienen in die Erde einzudringen, und ihre rasch durchflogene Bahn 
endete mit einem unbedeutenden Geräusch; nur manchmal verkündete ein schwacher, 
zaghafter, dumpfer Ton ohne Krach ihren Einschlag. Wir alten, erfahrenen 
Krieger ließen uns dadurch nicht täuschen; wir wurden mit Gasgranaten bedacht! 
Jeder setzte seine Maske auf, verzog sich in die Unterstände, und ohne große Auf¬ 
regung warteten wir auf das Ende der Beschießung. Sie dauerte ungefähr 
zwei Stunden. Eine, vielleicht auch zwei deutsche Batterien nahmen daran teil. 
Die Salven folgten unaufhörlich aufeinander, und das Pfeifen der nächsten hörte 
man schon, bevor die vorausgehende noch eingeschlagen war. Die Granaten 
durchwühlten den ganzen Wald, wurden planmäßig von vorn nach hinten, von 
links nach rechts verteilt, verloren sich in den Niederungen hinter uns und kamen 
wieder zu unsern Kanonen her. Unsere Feuertätigkeit war vollständig eingestellt, 
und wir blieben noch lange mit aufgesetzter Gasmaske im Unterstand. Als wir 
sie abnahmen, verspürten wir einen unbekannten, neuen Geruch: man hätte an¬ 
nehmen können, daß die Batterie mit Mostrich bestrichen worden wäre. Der 
unangenehme Nachgeschmack verlor sich indes mit der Zeit völlig, und bei Ein¬ 
bruch des Abends konnten wir die Masken ganz abnehmen, esien und uns wie 
üblich zur Ruhe begeben. 
Gegen Mitternacht klopfte man an die Türe des von mir bewohnten Unter¬ 
standes: einige Leute waren krank. Ich suchte sie auf: sie hatten rote Augen und 
konnten nicht mehr atmen. Man schickte sie zum nächsten Sanitätsunterstand. 
Und die ganze Nacht kamen paarweise die Soldaten angeschwärmt und mußten 
die Sanität aufsuchen; alle hatten dieselben Symptome. Einige wälzten sich und 
schrien, sie hätten brennende Lungen und müßten ersticken. Am Morgen befanden 
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