Volltext: Hier spricht der Feind

stieg. 2 Minuten später wurde Immelmanns Maschine ebenfalls in der Luft ge¬ 
sehen. Beide Maschinen stiegen in einem weiten Kreis hoch. Auf beiden Seiten 
wurden wilde Zurufe für die Vorkämpfer laut. Hauptmann Ball, Hunderte von 
Meter über uns und nur ein kleiner Fleck am Himmel, stellte die verrücktesten 
Dinge an, die man sich nur denken kann. Die Zurufe unserer Leute wurden zu 
Schreckensschreien. Ball befand sich unter Immelmann und machte augenschein¬ 
lich keine besonderen Anstrengungen, über ihn zu kommen, um einen Vorteil aus 
der Stellung zu schlagen. Er pendelte im Gegenteil hin und her und versuchte 
anscheinend, das Unvermeidliche nur noch hinauszuschieben. Wir sahen die deutsche 
Maschine sich neigen, um einen Nasentaucher (senkrechten Abflug nach unten) vor¬ 
zubereiten. „O Gott, jetzt ist er weg," schrie ein junger Soldat an meiner Seite, 
denn er wußte, daß Immelmanns Gewehr mit Streichfeuer beginnen würde, so¬ 
bald er senkrecht zielen könnte. Da, in weniger Zeit, als man es erzählen kann, 
wandte sich das Blatt. Bevor Immelmanns Flugzeug in Feuerstellung kommen 
konnte, machte Ball mit seiner Maschine eine Schleife. Dadurch kam er über 
seinen Gegner, bekam sein Gewehr frei und schmetterte einen Hagel von Kugeln 
im Vorbeifliegen auf Immelmann. Immelmanns Flugzeug brach in Flammen 
aus und stürzte ab. Ball folgte von oben ein paar 100 Fuß nach, richtete sich dann 
auf und eilte heimwärts. Er landete, stieg von neuem auf und flog zurück, mm 
einen großen Blumenstrauß fast unmittelbar über dem Ort abzuwerfen, wo 
Immelmanns verkohlter Körper aus einer verwirrten Maffe von Metall heraus¬ 
gehoben wurde. 
Einige Zeit darauf wurde Captain Ball abgeschossen... 
* 
Erzählung von Saron Manfred von Richthofen 
Der zweiundzwanzigste Gegner meines Bruders Lothar war der berühmte 
Captain Ball, der beste englische Flieger. Dieser flog einen Dreidecker und kam 
mit meinem Bruder allein ins Gefecht. Jeder versuchte den andern zu fassen, 
aber es gelang keinem, hinter den andern zu kommen. Plötzlich, im kurzen Augen¬ 
blick eines Frontalangriffs, konnten die beiden wohlgezielte Schüsse aufeinander 
abgeben. Jeder hatte seinen Motor vor sich, und die Möglichkeit eines Treffers 
war sehr gering. Mein Bruder, der seine Maschine sehr stark gefangen hatte, 
verlor die Balance und für ein paar Augenblicke die Kontrolle über seine 
Maschine. Bald hatte er sie wieder in der Gewalt, merkte aber, daß der Gegner 
seinen Benzintank zerschossen hatte. Die einzige Rettung war Landung. 
„Schnell heraus mit dem Zapfen, oder der Rumpf brennt an." Nächster Ge¬ 
danke: „Was ist mit meinem Gegner los?" Auch dieser war zur Seite gewichen. 
Die Frage war nur: Ist er über oder unter mir? Er war unten. Cr fiel und fiel 
immer steiler. Er fiel auf unser Gelände. Er hatte einen Kopfschuß... 
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