Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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*) Ebendas. II Th. II Abth. §. 71. — Bd. VII. S. 263—64. 
Erklärungsweise wird weder aufgehoben noch abgebrochen, wenn 
ihr auf dem Gebiete des Naturlebens die teleologische ergänzend 
oder tiefer begründend hinzugefügt wird. 
Wenn endlich der erste Satz erklärt, daß in der Natur nur 
der Mechanismus erkennbar sei, so tritt auch dem keine Vernei 
nung entgegen. Denn es wird von Seiten der teleologischen Ur 
theilskraft ausdrücklich erklärt, daß die Organisation nicht er 
kennbar sei. Die organistrende Natur ist ein Gegenstand nicht 
der Erkenntniß, sondern der Reflexion. 
So löst sich der letzte Schein eines Widerspruchs vollkom 
men auf, wenn wir die mechanische und teleologische Erklärungs 
art richtig auseinandersetzen. Es kommt darauf an, ob wir die 
Naturerscheinungen bestimmend oder reflectirend beurtheilen: wenn 
wir sie bestimmend beurtheilen, so sind die mechanischen Grund 
sätze die einzig gültigen; wenn wir sie reflectirend beurtheilen, 
so stellen sich auf einem gewissen Naturgebiete die teleologischen 
Grundsätze neben die mechanischen, nicht mit derselben Geltung, 
sondern bloß als Maxime der Beurtheilung. An welcher 
Stelle diese Beurtheilung eintritt, das sagt allein die Erfahrung: 
-sie tritt da ein, wo wir an die Grenze der mechanischen Erklä 
rungsgründe gerathen, wo wir Objecten begegnen, deren Theile 
sich gegenseitig hervorbringen, d. h. wo wir in unserer Erfah 
rung auf lebendige Körper stoßen"). 
Die ganze Antinomie steht und fällt, je nach der Art, wie 
wir das teleologische Princip auffassen oder die Geltung desselben 
bestimmen. Gilt es dogmatisch, so ist die Antinomie unauflös 
lich; gilt es kritisch, so bildet sich gar keine Antinomie, sondern 
nur der leicht aufzulösende Schein eines Widerstreits. Die te 
leologische Urtheilskraft darf nicht dogmatisch urtheilen; alle auf
	        
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