Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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wir, wie nun unser Erkenntnißvermögen und unsere Vernunft 
einmal beschaffen sei, in der Erklärung der lebendigen Körper 
mit ihm nicht ausreichen. Nicht die mechanische Wirkungsart der 
Natur gilt (in Rücksicht der organischen Erscheinungen) als un- 
vermögend, sondern nur die mechanische Erklärungsart der 
menschlichen Vernunft. Es ist möglich, daß das Naturvermögen 
sehr wohl im Stande ist, auf rein mechanischem Wege diese Kör 
per zu erzeugen; nur unser Vernunftvermögen ist nicht im 
Stande, diese mechanische Entstehungsart zu begreifen, nur 
wir können nicht einsehen, wie die Natur in mechanischer Weise 
das Leben zu erzeugen vermag. Unsere Vernunft ist so verfaßt, 
daß wir aus mechanischen Grundsätzen vollkommen die Maschine, 
aber nicht ebenso den Organismus zu begreifen vermögen*). 
2. Die Auflösung des Widerstreits. 
Wenn also der erste Satz behauptet, daß in der Natur 
alles mechanisch entsteht, so ist zwar diese dogmatische Behaup 
tung nicht gerechtfertigt, aber ihr wird von Seiten der teleolo 
gischen Urtheilskraft nicht einmal widersprochen. Es ist möglich, 
daß alles in der Natur mechanisch entsteht; zugleich ist ebenso 
gut möglich, daß wir uns nicht alles aus mechanischen Ent 
stehungsgründen erklären können. Wenn die lebendigen Körper 
in der That mechanisch entstanden sind, so will uns in diesem 
Fall die mechanische Entstehungsart nicht einleuchten. Weiter 
behauptet die teleologische Urtheilskraft nichts. 
Wenn der erste Satz erklärt, daß in der Natur alles nach 
mechanischen Grundsätzen betrachtet und erklärt werden müsse, 
so wird dieser Behauptung nicht widersprochen. Die mechanische 
*) Kritik der Urtheilskr. II Th. II Abth. Dialektik d. teleologischen 
Urtheilskraft. §. 69 u. 70. — Bd. VII. S. 259-263.
	        
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