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Geschmacksurtheil nach der subjectiven Zweckmäßigkeit, so ist es
einerseits bloß subjectiv, andererseits auf ein Princip oder eine
Idee gegründet und darum allgemeingültig.
So ist es das Princip überhaupt des kritischen oder trans
scendentalen Idealismus, wodurch allein die Antinomien und
Widersprüche der Vernunft gelöst werden können. Wenn Raum
und Zeit Beschaffenheiten sind der Dinge an sich, so sind die An
tinomien der rationalen Kosmologie unlösbar, so ist die Freiheit
undenkbar, so kann auch die Antinomie der praktischen Vernunft
nie gelöst werden. Wenn die ästhetische Zweckmäßigkeit eine Be
schaffenheit ist der Dinge an sich, so ist die Antinomie des Ge
schmacks vollkommen unlösbar und der Geschmack selbst vollkom
men unmöglich: es ist demnach 1) die Idealität des Raumes und
der Zeit und 2) die Idealität der natürlichen Zweckmäßigkeit, wo
durch allein in der menschlichen Vernunft Erkenntniß, Freiheit,
Geschmack möglich und begreiflich werden, worauf sich das Wahre,
Gute und Schöne, jedes in seiner Weise, gründen.