Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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*) Ebendas. I Th. l Abschn. II Buch. Z. 46-50. - Bd. VII. 
S. 168 — 183. 
dagegen von dem, welchen die Natur für die schöne Kunst be 
gabt hat, specifisch unterschieden." 
In dem Genie wirken alle ästhetischen Vermögen, Geschmack, 
Verstand, Einbildungskraft, in der höchsten Belebung auf schö 
pferische Weise; aber wie diese Vermögen in der genialen Natur 
gemischt sind, das läßt sich eben so wenig kritisch bestimmen, als 
das Genie selbst. Hier ist die Grenze, wo die Kritik der Kunst 
mit ihren rationalen Begriffen still steht*). 
Es ist interessant, an dieser Stelle die kritische Philosophie 
mit ihren Nachfolgern zu vergleichen. Kant unterscheidet genau 
zwischen Wissenschaft und Kunst: als letzten Grund der Erkennt 
niß erklärt die Kritik der reinen Vernunft das reine Bewußtsein; 
als letzten Grund der Kunst erklärt die Kritik der ästhetischen Ur 
theilskraft das Genie. Fichte macht das reine Bewußtsein zum 
Princip der Philosophie, Schelling macht zu eben diesem Princip 
das Genie; er hebt den Unterschied auf zwischen Wissenschaft und 
Kunst, Philosophie und Poesie; alles ist Poesie oder soll es sein. 
So wird aus dem kantischen Kunstprincip in der Naturphilosophie 
ein Weltprincip, in der ihr verwandten Romantik ein Lebens 
princip. Man hat in dem Entwicklungsgänge Schelling's die 
naturphilosophische Periode von der mystischen unterschieden, wel 
che letztere sich mit der Schrift über die Freiheit einführt. In 
der ersten Periode herrscht der Begriff des Genies, in der Haupt 
schrist der zweiten der des intelligibeln Charakters; beide Begriffe 
gelten nicht anders als sie Kant bestimmt hat. Schelling hätte 
gegen die kantische Philosophie niemals vornehm thun sollen, da 
er doch seine besten Einsichten von ihr empfangen hat.
	        
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