Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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*) Kritik der Urtheilskrast. (1790.) Vorr. Einleitg. Nr. I—IV. 
- Ges. Ausg. Bd. VII. S. 1-20. 
Wie sich der Begriff der natürlichen Zweckmäßigkeit zu dem Na 
tur- und Freiheitsbegriff verhält, so verhält sich die reflectirende 
Urtheilskrast zur theoretischen und praktischen Vernunft: sie bil 
det das vereinigende Mittelglied, den Uebergang von der einen 
zur anderen; sie vollzieht jene Unterordnung der Natur unter die 
Freiheit, wozu der Primat der praktischen Vernunft uns berechtigt. 
Mit der Kritik der Urtheilskrast in dieser Bedeutung be 
schließt Kant die Lösung seiner ganzen kritischen Aufgabe. Die 
gesammte Vernunftkritik theilt sich demnach in diese dreifache Un 
tersuchung: die Kritik der reinen Vernunft, der praktischen Ver 
nunft und der Urtheilskrast. Diese letztere beschließt auch histo 
risch das Zahrzehend der grundlegenden kritischen Arbeiten*). 
Wenn Natur und Freiheit vereinigt werden sollen, so ist 
diese Vereinigung nur möglich durch den Begriff der natürlichen 
Zweckmäßigkeit; wenn dieser Begriff feststeht, so ist das einzige 
ihm entsprechende Vermögen die reflectirende Urtheilskrast; wenn 
es eine solche Urtheilskraft giebt, so wird deren Princip die na 
türliche Zweckmäßigkeit sein müssen, wie die Kategorien die Prin 
cipien des Verstandes und die Ideen die der Vernunft waren. 
Dieses „wenn" gilt zunächst hypothetisch. Es ist jetzt zu zeigen, 
daß die natürliche Zweckmäßigkeit kein willkürlich gemachter Be 
griff, sondern in der That ein nothwendiges Vernunstprincip ist, 
ein Begriff, den die Vernunft gar nicht entbehren kann, den sie 
braucht, nicht zur Erklärung, wohl aber zur Beurtheilung und 
zur Reflexion über die Dinge. 
Die Natur ist Sinnenwelt oder Erfahrungsobject; alle na 
türlichen Dinge sind Gegenstände der Erfahrung, zugleich ist jedes 
eine eigenthümliche Erscheinung. Nun sind die Verstandesbe-
	        
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