Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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fache oder Zweck. Die Verknüpfung zwischen Natur und Zweck 
ist daher die einzig mögliche Art, Natur und Freiheit zu vereini 
gen: sie sind vereinigt in dem Begriffe der natürlichen Zweck 
mäßigkeit. 
Der Verstand hat keine andere Function als die Natur zu 
erkennen, die Vernunft keine andere als die Freiheit zu verwirk 
lichen ; jenes mittlere Vermögen zwischen beiden wird daher keine 
andere Function haben können als die Natur der Freiheit unter 
zuordnen, also die Natur durch die Freiheit oder durch den Be 
griff der Zweckmäßigkeit vorzustellen. Die Unterordnung eines 
Begriffs unter einen anderen, des Besonderen unter das Allge 
meine, ist in allen Fällen ein Urtheil; mithin kann die Vereini 
gung der Natur und Freiheit durch kein anderes Vermögen ge 
schehen als die Urtheilskrast. 
Nun aber ist ja das Urtheil selbst eine Function des Ver 
standes, und die Urtheilskrast erscheint auf der Seite des 
Erkenntnißvermögens. Daher werden wir die Urtheilskrast, 
welche das Mittelglied zwischen Verstand und Vernunft ausma 
chen soll, von dem uns bekannten Erkenntnißvermögen genau un 
terscheiden müssen. In jedem Erkenntnißurtheile wird ein beson 
derer Fall unter eine Regel subsumirt, oder diese auf einen be 
sonderen Fall angewendet. Das Erkenntnißurtheil ist in allen 
Fällen die Anwendung einer gegebenen Regel, die Unterord 
nung eines Besonderen unter ein gegebenes Allgemeines: diese 
Subsumtion nennen wir ein „bestimmendes Urtheil". Wenn 
wir dagegen ohne gegebene Regel urtheilen oder ein Besonderes 
durch einen Begriff vorstellen, der nicht gegeben ist, was offen 
bar geschieht, sobald wir die Dinge als zweckmäßig beurtheilen, 
so nennen wir eine solche Vorstellungsweise im Unterschiede von 
den bestimmenden Erkenntnißurtheilen ein „reflectirendes Urtheil".
	        
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